Kant: AA XI, Briefwechsel 1791 , Seite 246 |
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Text (Kant):
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| 01 | Stellung der Begriffe in einem Urtheile, mithin aus der bloßen Form | ||||||
| 02 | folgt, als vielmehr ob durch eine gewisse Art zu Urtheilen den gegebenen | ||||||
| 03 | Begriffen etwas (der Materie nach) zuwachse oder nicht, gehörte | ||||||
| 04 | jene Untersuchung eben nicht. | ||||||
| 05 | Was aber die Frage betrifft: welcher Grund sich wohl von dem | ||||||
| 06 | Gesetze der Abhängigkeit der Materie in Ansehung aller ihrer Veränderungen | ||||||
| 07 | von einer äußeren Ursache, imgleichen von der Gleichheit | ||||||
| 08 | der Wirkung und Gegenwirkung in dieser Veränderung durch | ||||||
| 09 | äußere Ursache geben lasse, so hätte ich freylich wohl in meinen Met: | ||||||
| 10 | Anf: Gr. d. N. W. auch den allgemeinen transscendentalen Grund | ||||||
| 11 | der Möglichkeit solcher Gesetze a priori angeben können, der etwa mit | ||||||
| 12 | folgendem in der Kürtze vorgestellt werden kan. | ||||||
| 13 | Alle unsere Begriffe von Materie enthalten nichts als blos Vorstellung | ||||||
| 14 | von äußeren Verhältnissen (wie dann der Raum auch nichts | ||||||
| 15 | anders vorstellig macht) das aber, was wir im Raume als existirend | ||||||
| 16 | setzen, bedeutet nichts weiter, als ein Etwas überhaupt, woran wir | ||||||
| 17 | uns auch keine andre Prädicate, als die eines äußeren Verhältnisses | ||||||
| 18 | vorstellen müssen, so fern wir es als bloße Materie betrachten, mithin | ||||||
| 19 | nichts was schlechterdings innerlich ist (Vorstellungskraft, Gefühl, | ||||||
| 20 | Begierde). Hieraus folgt: daß, da alle Veränderung eine Ursache | ||||||
| 21 | voraussetzt und eine schlechthin=innerliche Ursache der Veränderung | ||||||
| 22 | äußerer Verhältnisse (kein Leben) in der bloßen Materie nicht gedacht | ||||||
| 23 | werden muß, die Ursache aller Veränderung (aus der Ruhe in Bewegung | ||||||
| 24 | und umgekehrt, zusammt den Bestimmungen der letzteren) in | ||||||
| 25 | der Materie ausserhalb liegen müsse, mithin ohne eine solche keine | ||||||
| 26 | Veränderung statt finden könne; woraus folgt, daß kein besonderes | ||||||
| 27 | positives Princip der Beharrlichkeit der Bewegung, in der ein | ||||||
| 28 | Körper einmal ist, erforderlich sey, sondern blos das negative, da | ||||||
| 29 | keine Ursache der Veränderung da ist. - Was das zweyte Gesetz betrifft, | ||||||
| 30 | so gründet es sich auf dem Verhältnisse der wirkenden Kräfte | ||||||
| 31 | im Raume überhaupt, welches Verhältnis nothwendig wechselseitig | ||||||
| 32 | einander entgegengesetzt und jederzeit gleich seyn muß (actio est | ||||||
| 33 | aequalis reactioni), weil der Raum keine einseitige, sondern jederzeit | ||||||
| 34 | wechselseitige Verhältnisse, mithin auch die Veränderung derselben d. i. | ||||||
| 35 | die Bewegung und die Wirkung der Körper auf einander sie hervorzubringen | ||||||
| 36 | lauter wechselseitige und gleiche einander entgegengesetzte | ||||||
| 37 | Bewegungen möglich macht. Ich kan mir keine Linien von dem | ||||||
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