Kant: AA XI, Briefwechsel 1790 , Seite 205

     
           
 

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  01 Fixsterne, Doppelsterne, Nebelfleken, Mikrometer etc in Hrn Schröters      
  02 Beiträgen und in meinen astron. Iahrbüchern vorkommen, so finde ich      
  03 deswegen neue Bedenklichkeiten das Project auszuführen.      
           
  04 Ich habe die Ehre mit der ausgezeichnetesten Hochachtung zu seyn      
           
  05   Ew Wohlgebohrn      
  06   ganz ergebenster Diener      
  07 Berlin d. 9 Sept. 1790. Bode      
           
           
    447.      
  09 [Von August Wilhelm Rehberg.]      
           
  10 Vor d. 25. Sept. 1790.      
           
  11 Es heißt p. 188 der Critik der reinen Vernunft 2te Aufl. Mathematische      
  12 Sätze werden aus der Anschauung, und nicht aus dem      
  13 Verstandesbegriffe gezogen.      
           
  14 In Ansehung der geometrischen hat dies wohl keinen Zweifel,      
  15 wie denn auch z. B. der Satz daß in jedem Triangel zwey Seiten      
  16 größer und als die dritte und andre, nicht aus dem Schema das dem      
  17 Begriffe vom Triangel zum Grunde liegt, sondern nur also erwiesen      
  18 wird, daß die drey Arten von Dreyecken in der Anschauung dargestellt      
  19 werden.      
           
  20 In Ansehung der arithmetischen Wahrheiten aber scheint es nicht      
  21 also beschaffen zu seyn. z. Beyspiele erhellt die Unmöglichkeit von √2      
  22 nicht aus der Anschauung des Schema 2 in irgend einer Anschauung,      
  23 sondern aus der Zahl selbst. Es heißt zwar p. 182 der Critik, daß die      
  24 Zahl eine successive Addition sey, und es scheint sonach als wenn der      
  25 Grund der synthetischen Sätze der Arithmetik und Algebra in dem Anschauen      
  26 der reinen Form aller Sinnlichkeit, der Zeit zu suchen seyn solle,      
  27 so wie der Grund der synthet. Sätze der Geometrie in der Anschauung      
  28 des Raums erhellt. Allein, wenn gleich die sinnlichen Erscheinungen,      
  29 der Anwendung arithmetischer Wahrheiten unstreitig nur dadurch      
  30 unterworfen sind, daß die Zeit als allgemeinere Form jener,      
  31 durch die transscendentale Synthesis der Einbildungskraft der Anwendung      
  32 der Verstandesbegriffe unterworfen sind, so scheint es doch,      
  33 als ob die Wahrheit der arithmetischen Sätze selbst, nicht aus dem      
  34 Anschauen der reinen Form der Sinnlichkeit erhelle: indem kein Anschauen      
  35 der Zeit dazu erforderlich ist, um die arithmetischen      
  36 und algebraischen Beweise zu führen, welche vielmehr unmittelbar      
           
     

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