Kant: AA XI, Briefwechsel 1789 , Seite 023 |
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| 01 | künftiges Glük einen großen Einflus zu haben scheint. - Der Erwägung | ||||||
| 02 | mancher Umstände machen mich nehmlich aufs eifrigste wünschen | ||||||
| 03 | noch nächsten Sommer u. den darauf folgenden Winter hier seyn zu | ||||||
| 04 | können. Die Bewegungsgründe hiezu sind, - die sichere Aussicht, | ||||||
| 05 | nächsten Winter Präsident der Gesellschaft zu werden, - der große | ||||||
| 06 | Vortheil den ich dadurch habe, daß ich Mitglied der Committee bin, | ||||||
| 07 | um Versuche anzustellen, und welcher mir verlohren geht, wenn ich in | ||||||
| 08 | wenigen Monathen Edinburgh verlassen muß - der Wunsch verschiedenes, | ||||||
| 09 | Ihre Critik betreffend, bekannt zu machen, und welches nicht | ||||||
| 10 | möglich ist, wenn ich nicht bis nächsten Winter hier seyn kann; | ||||||
| 11 | besonders aber Nutzen für meine Kunst durch den Umgang mit Aerzten | ||||||
| 12 | und den Gebrauch der Bibliotheken zu schöpfen; und wozu ich nirgend | ||||||
| 13 | u. nie mehr solche Gelegenheit haben werde. Denn kann ich nur noch | ||||||
| 14 | 3 Monathe hier seyn; so werden die kaum hinreichen, um mich gehörig | ||||||
| 15 | zum Examen vorzubereiten u. meine Dissertation auszuarbeiten. | ||||||
| 16 | Obgleich ich nun ziemlich gute practische Kenntnisse habe; und mir | ||||||
| 17 | auch selbst schwierige Curen zu unternehmen getraue: so bin ich doch | ||||||
| 18 | noch gar nicht mit den Schriften der großen Aerzte, Sydenham etc | ||||||
| 19 | bekannt, welches doch unumgänglich nöthig ist. Diese zu studiren brauche | ||||||
| 20 | ich durchaus einige Zeit, und die wünschte ich hier verwenden zu | ||||||
| 21 | können. Um diesen meinen gerechten Wünschen aber zu willfahren, | ||||||
| 22 | brauche ich eine ziemlich beträchtliche Summe Geld. Mein Credit, den ich | ||||||
| 23 | hier durch Herrn Hay habe, ist beynahe erschöpft, obgleich ich so mäßig | ||||||
| 24 | und sparrsam gelebt habe, als man es nur denken kann; so daß alle | ||||||
| 25 | meine Freunde und selbst Herr Duncan bey dem ich das Geld habe, | ||||||
| 26 | sich wundern, wies mir möglich ist, damit auszukommen. | ||||||
| 27 | Ich hatte nehmlich 100 Pfd. Sterl. zu heben. Davon habe ich bis jetzt | ||||||
| 28 | 70 aufgenommen und brauche wenigstens noch 10 Pfd. bis zum 1 sten August; | ||||||
| 29 | an welchem Tage ich Edinburgh verlasse, wenn ich nicht auf irgend eine | ||||||
| 30 | Weise frische Unterstützung erhalte. - Mit den übrigen 20 Pfd. soll ich nun | ||||||
| 31 | von hier bis nach Halle gehen, daselbst promoviren, und während der | ||||||
| 32 | Zeit auch in Halle leben u. denn nach Berlin reisen. - Mir bleiben | ||||||
| 33 | von dem Gelde was Weiss mir noch versprochen hat, denn noch 800 fl | ||||||
| 34 | übrig, die ich nothwendig für Berlin lassen muß, um da zu leben, | ||||||
| 35 | Collegia u. die Unkosten beym Cursu zu bezahlen, u. nach Hause zu | ||||||
| 36 | reisen. - Also selbst, wenn ich den Gedanken fahren lasse, länger hier | ||||||
| 37 | zu bleiben: so muß ich zu meinen Freunden meine Zuflucht nehmen, | ||||||
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