Kant: AA XI, Briefwechsel 1789 , Seite 018 |
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01 | Vereinigung als möglich denken, als diejenige die zwischen unsren | ||||||
02 | Gemüthern obwaltet. Welche Seeligkeit liegt in dieser Überzeugung | ||||||
03 | für mich! | ||||||
04 | Ich hoffe, und auch Schütz und Hufeland hoffen es, die Theorie | ||||||
05 | des Vorstellungsvermögens, die gleich nach Ostern gedruckt zu | ||||||
06 | werden anfängt, aber erst zur Michaelsmesse ganz fertig seyn wird, | ||||||
07 | soll etwas beytragen, dem unglücklichen Gange, den die sogenannte | ||||||
08 | Prüfung Ihrer Philosophie durch die berühmten und berühmt werden | ||||||
09 | wollenden Kenner der Dinge an sich, genommen hat eine andere | ||||||
10 | Wendung zu geben. So lange man auf diesem Wege fortfährt Sie | ||||||
11 | zu widerlegen und zu vertheidigen; kann schlechterdings nichts für die | ||||||
12 | Wahrheit gewonnen werden, ausser etwa Beschämung ihrer Gegner | ||||||
13 | durch sich selbst. Das Lesende Publikum wird durch die Fechterstreiche | ||||||
14 | der Eberharde, Weishaupte, Flatte u. s. w. wirklich schüchtern gemacht, | ||||||
15 | die Sache selbst erhält ein widerliches abschreckendes Aussehen, und | ||||||
16 | die in so vielen Rücksichten unentbehrliche Reformation wird verzögert. | ||||||
17 | Ich bitte, und beschwöre Sie, nach reifer Überlegung wage ichs, nicht | ||||||
18 | etwa sich mit Widerlegung und Erörterung zu befassen, denn die würden | ||||||
19 | vergebens seyn und ihre Zeit ist zu heilig; sondern nur um die einfache | ||||||
20 | öffentliche Erklärung, zu der Sie als bester Ausleger des | ||||||
21 | Sinnes ihrer Worte so ganz befugt sind: Daß man (: z. B. Eberhard | ||||||
22 | u. s. w.) Sie nicht verstanden habe. Sie thun damit der | ||||||
23 | guten Sache einen sehr wesentlichen Dienst. Ein sehr beträchtlicher | ||||||
24 | und achtungswehrter Theil glaubt Sie wären widerlegt, und kömmt | ||||||
25 | dadurch um alle die herrlichen Vortheil, die er durch die Kritik für | ||||||
26 | Kopf und Herz ziehen könnte. Ihre Erklärung, die nicht zu bald genug | ||||||
27 | geschehen kann, wird in meiner Theorie des Vorstellungsv. durch äusserst | ||||||
28 | auffallende Beyspiele erläutert werden. Unmaßgeblich dürften sie diese | ||||||
29 | Erklärung, nur in eine ostensible Stelle ihres nächsten Briefes an | ||||||
30 | mich einkleiden; die dann in die A. L. Z. und mit einigen begleitenden | ||||||
31 | Gedanken von mir, bey welchen ich die größte mögliche Delikatesse | ||||||
32 | anzuwenden suchen, und die ich Schütz, Hufeland und Wieland vorher | ||||||
33 | vorlegen werde, in den nächsten Merkur eingerückt werden könnte. | ||||||
34 | Mit innigster Liebe und tiefster Hochachtung | ||||||
35 | den 9 April 789. | ewig ganz ihr eigner | |||||
36 | Reinhold. | ||||||
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