Kant: AA VIII, Zum ewigen Frieden. Ein ... , Seite 369 |
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01 | sehr rathsam es zu thun. Also wird der Staat die letztere stillschweigend | ||||||
02 | (also indem er ein Geheimniß daraus macht) dazu auffordern, | ||||||
03 | welches soviel heißt als: er wird sie frei und öffentlich über die allgemeine | ||||||
04 | Maximen der Kriegsführung und Friedensstiftung reden lassen (denn | ||||||
05 | das werden sie schon von selbst thun, wenn man es ihnen nur nicht verbietet), | ||||||
06 | und die Übereinkunft der Staaten unter einander über diesen Punkt | ||||||
07 | bedarf auch keiner besonderen Verabredung der Staaten unter sich in dieser | ||||||
08 | Absicht, sondern liegt schon in der Verpflichtung durch allgemeine (moralisch | ||||||
09 | gesetzgebende) Menschenvernunft. - Es ist aber hiemit nicht gemeint: | ||||||
10 | daß der Staat den Grundsätzen des Philosophen vor den Aussprüchen | ||||||
11 | des Juristen (des Stellvertreters der Staatsmacht) den Vorzug | ||||||
12 | einräumen müsse, sondern nur daß man ihn höre. Der letztere, der die | ||||||
13 | Wage des Rechts und neben bei auch das Schwert der Gerechtigkeit | ||||||
14 | sich zum Symbol gemacht hat, bedient sich gemeiniglich des letzteren, nicht | ||||||
15 | um etwa blos alle fremde Einflüsse von dem ersteren abzuhalten, sondern | ||||||
16 | wenn die eine Schale nicht sinken will, das Schwert mit hinein zu legen | ||||||
17 | ( vae victis ), wozu der Jurist, der nicht zugleich (auch der Moralität nach) | ||||||
18 | Philosoph ist, die größte Versuchung hat, weil es seines Amts nur ist, | ||||||
19 | vorhandene Gesetze anzuwenden, nicht aber, ob diese selbst nicht einer Verbesserung | ||||||
20 | bedürfen, zu untersuchen, und rechnet diesen in der That niedrigeren | ||||||
21 | Rang seiner Facultät, darum weil er mit Macht begleitet ist (wie es | ||||||
22 | auch mit den beiden anderen der Fall ist), zu den höheren. - Die philosophische | ||||||
23 | steht unter dieser verbündeten Gewalt auf einer sehr niedrigen | ||||||
24 | Stufe. So heißt es z. B. von der Philosophie, sie sei die Magd der | ||||||
25 | Theologie (und eben so lautet es von den zwei anderen). - Man sieht | ||||||
26 | aber nicht Recht, "ob sie ihrer gnädigen Frauen die Fackel vorträgt oder | ||||||
27 | die Schleppe nachträgt." | ||||||
28 | Daß Könige philosophiren, oder Philosophen Könige würden, ist | ||||||
29 | nicht zu erwarten, aber auch nicht zu wünschen: weil der Besitz der Gewalt | ||||||
30 | das freie Urtheil der Vernunft unvermeidlich verdirbt. Daß aber Könige | ||||||
31 | oder königliche (sich selbst nach Gleichheitsgesetzen beherrschende) Völker | ||||||
32 | die Classe der Philosophen nicht schwinden oder verstummen, sondern öffentlich | ||||||
33 | sprechen lassen, ist beiden zu Beleuchtung ihres Geschäfts unentbehrlich | ||||||
34 | und, weil diese Classe ihrer Natur nach der Rottirung und Clubbenverbündung | ||||||
35 | unfähig ist, wegen der Nachrede einer Propagande verdachtlos. | ||||||
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