Kant: AA VII, Anthropologie in pragmatischer ... , Seite 154 |
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01 | Vitalempfindung ( sensus vagus ) und die der Organempfindung | ||||||
02 | ( sensus fixus ) und, da sie insgesammt nur da, wo Nerven sind, angetroffen | ||||||
03 | werden, in diejenigen eintheilen, welche das ganze System der Nerven, | ||||||
04 | oder nur den zu einem gewissen Gliede des Körpers gehörenden Nerven | ||||||
05 | afficiren. - Die Empfindung der Wärme und Kälte, selbst die, welche | ||||||
06 | durchs Gemüth erregt wird (z. B. durch schnell wachsende Hoffnung oder | ||||||
07 | Furcht), gehört zum Vitalsinn. Der Schauer, der den Menschen selbst | ||||||
08 | bei der Vorstellung des Erhabenen überläuft, und das Gräuseln, womit | ||||||
09 | Ammenmährchen in später Abendzeit die Kinder zu Bette jagen, sind | ||||||
10 | von der letzteren Art; sie durchdringen den Körper, so weit als in ihm | ||||||
11 | Leben ist. | ||||||
12 | Der Organsinne aber können füglich nicht mehr oder weniger als | ||||||
13 | fünf aufgezählt werden, so fern sie sich auf äußere Empfindung beziehen. | ||||||
14 | Drei derselben aber sind mehr objectiv, als subjectiv, d. i. sie tragen | ||||||
15 | als empirische Anschauung mehr zur Erkenntniß des äußeren Gegenstandes | ||||||
16 | bei, als sie das Bewußtsein des afficirten Organs rege machen; | ||||||
17 | zwei aber sind mehr subjectiv als objectiv, d. i. die Vorstellung durch dieselbe | ||||||
18 | ist mehr die des Genusses, als der Erkenntniß des äußeren Gegenstandes; | ||||||
19 | daher über die erstere man sich mit Anderen leicht einverständigen | ||||||
20 | kann, in Ansehung der letzteren aber bei einerlei äußerer empirischer Anschauung | ||||||
21 | und Benennung des Gegenstandes die Art, wie das Subject sich | ||||||
22 | von ihm afficirt fühlt, ganz verschieden sein kann. | ||||||
23 | Die Sinne von der ersteren Classe sind 1) der der Betastung | ||||||
24 | ( tactus ), 2) des Gesichts ( visus ), 3) des Gehörs ( auditus ). - Von der | ||||||
25 | zweiten a) des Geschmacks ( gustus ), b) des Geruchs ( olfactus ); insgesammt | ||||||
26 | lauter Sinne der Organempfindung, gleichsam so vieler äußerer, | ||||||
27 | von der Natur für das Thier zum Unterscheiden der Gegenstände zubereiteten | ||||||
28 | Eingänge. | ||||||
29 | Vom Sinne der Betastung. |
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30 | § 17. Der Sinn der Betastung liegt in den Fingerspitzen und den | ||||||
31 | Nervenwärzchen ( papillae ) derselben, um durch die Berührung der Oberfläche | ||||||
32 | eines festen Körpers die Gestalt desselben zu erkundigen. - Die | ||||||
33 | Natur scheint allein dem Menschen dieses Organ angewiesen zu haben, | ||||||
34 | damit er durch Betastung von allen Seiten sich einen Begriff von der | ||||||
35 | Gestalt eines Körpers machen könne; denn die Fühlhörner der Insecten | ||||||
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