Kant: AA VII, Anthropologie in pragmatischer ... , Seite 141 |
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01 | Charakter der Passivität des inneren Sinnes der Empfindungen, dieses | ||||||
02 | der Spontaneität der Apperception, d. i. des reinen Bewußtseins der | ||||||
03 | Handlung, welche das Denken ausmacht und zur Logik (einem System der | ||||||
04 | Regeln des Verstandes), so wie jener zur Psychologie (einem Inbegriff | ||||||
05 | aller innern Wahrnehmungen unter Naturgesetzen) gehört und innere Erfahrung | ||||||
06 | begründet. | ||||||
07 | Anmerkung. Der Gegenstand der Vorstellung, der nur die Art | ||||||
08 | enthält, wie ich von ihm afficirt werde, kann von mir nur erkannt werden, | ||||||
09 | wie er mir erscheint, und alle Erfahrung (empirische Erkenntniß), die | ||||||
10 | innere nicht minder als die äußere, ist nur Erkenntniß der Gegenstände, | ||||||
11 | wie sie uns erscheinen, nicht wie sie (für sich allein betrachtet) sind. | ||||||
12 | Denn es kommt alsdann nicht blos auf die Beschaffenheit des Objects der | ||||||
13 | Vorstellung, sondern auf die des Subjects und dessen Empfänglichkeit an, | ||||||
14 | welcher Art die sinnliche Anschauung sein werde, darauf das Denken desselben | ||||||
15 | (der Begriff vom Object) folgt. - Die formale Beschaffenheit dieser | ||||||
16 | Receptivität kann nun nicht wiederum noch von den Sinnen abgeborgt | ||||||
17 | werden, sondern muß (als Anschauung) a priori gegeben sein, d. i. es muß eine | ||||||
18 | sinnliche Anschauung sein, welche übrig bleibt, wenn gleich alles Empirische | ||||||
19 | (Sinnenempfindung Enthaltende) weggelassen wird, und dieses Förmliche | ||||||
20 | der Anschauung ist bei inneren Erfahrungen die Zeit. | ||||||
21 | Weil Erfahrung empirisches Erkenntniß ist, zum Erkenntniß aber | ||||||
22 | (da es auf Urtheilen beruht) Überlegung ( reflexio ), mithin Bewußtsein | ||||||
23 | der Thätigkeit in Zusammenstellung des Mannigfaltigen der Vorstellung | ||||||
24 | nach einer Regel der Einheit desselben, d. i. Begriff und (vom Anschauen | ||||||
25 | unterschiedenes) Denken überhaupt, erfordert wird: so wird das Bewußtsein | ||||||
26 | in das discursive (welches als logisch, weil es die Regel giebt, voran | ||||||
27 | gehen muß) und das intuitive Bewußtsein eingetheilt werden; das erstere | ||||||
28 | (die reine Apperception seiner Gemüthshandlung) ist einfach. Das Ich der | ||||||
29 | Reflexion hält kein Mannigfaltiges in sich und ist in allen Urtheilen immer | ||||||
30 | ein und dasselbe, weil es blos dies Förmliche des Bewußtseins, dagegen | ||||||
31 | die innere Erfahrung das Materielle desselben und ein Mannigfaltiges | ||||||
jene doch etwas sehr Positives und ein unentbehrlicher Zusatz zu der letzteren ist, um ein Erkenntniß hervorzubringen. - Leibniz aber war eigentlich Schuld daran. Denn Er, der platonischen Schule anhängig, nahm angeborne reine Verstandesanschauungen, Ideen genannt, an, welche im menschlichen Gemüth, jetzt nur verdunkelt, angetroffen würden und deren Zergliederung und Beleuchtung durch Aufmerksamkeit wir allein die Erkenntniß der Objecte, wie sie an sich selbst sind, zu verdanken hätten. | |||||||
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