Kant: AA VI, Die Metaphysik der Sitten. ... , Seite 468 |
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Text (Kant):
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01 | überhaupt ( reverere legem ), und dieses, nicht aber andere Menschen | ||||||
02 | überhaupt zu verehren ( reverentia adversus hominem ), oder hierin | ||||||
03 | ihnen etwas zu leisten, ist allgemeine und unbedingte Menschenpflicht | ||||||
04 | gegen Andere, welche als die ihnen ursprünglich schuldige Achtung | ||||||
05 | ( observantia debita ) von jedem gefordert werden kann. | ||||||
06 | Die verschiedene Andern zu beweisende Achtung nach Verschiedenheit | ||||||
07 | der Beschaffenheit der Menschen, oder ihrer zufälligen Verhältnisse, | ||||||
08 | nämlich der des Alters, des Geschlechts, der Abstammung, | ||||||
09 | der Stärke oder Schwäche, oder gar des Standes und der Würde, | ||||||
10 | welche zum Theil auf beliebigen Anordnungen beruhen, darf in | ||||||
11 | metaphysischen Anfangsgründen der Tugendlehre nicht ausführlich | ||||||
12 | dargestellt und classificirt werden, da es hier nur um die reine | ||||||
13 | Vernunftprincipien derselben zu thun ist. | ||||||
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18 | Diese (Tugendpflichten) können zwar in der reinen Ethik keinen Anla | ||||||
19 | zu einem besonderen Hauptstück im System derselben geben; denn sie | ||||||
20 | enthalten nicht Principien der Verpflichtung der Menschen als solcher | ||||||
21 | gegen einander und können also von den metaphysischen Anfangsgründen | ||||||
22 | der Tugendlehre eigentlich nicht einen Theil abgeben, sondern sind | ||||||
23 | nur nach Verschiedenheit der Subjecte der Anwendung des Tugendprincips | ||||||
24 | (dem Formale nach) auf in der Erfahrung vorkommende Fälle | ||||||
25 | (das Materiale) modificirte Regeln, weshalb sie auch wie alle empirische | ||||||
26 | Eintheilungen keine gesichert=vollständige Classification zulassen. Indessen | ||||||
27 | gleichwie von der Metaphysik der Natur zur Physik ein Überschritt, der | ||||||
28 | seine besondern Regeln hat, verlangt wird: so wird der Metaphysik der | ||||||
29 | Sitten ein Ähnliches mit Recht angesonnen: nämlich durch Anwendung | ||||||
30 | reiner Pflichtprincipien auf Fälle der Erfahrung jene gleichsam zu schematisiren | ||||||
31 | und zum moralisch=praktischen Gebrauch fertig darzulegen. | ||||||
32 | Welches Verhalten also gegen Menschen, z. B. in der moralischen Reinigkeit | ||||||
33 | ihres Zustandes, oder in ihrer Verdorbenheit; welches im cultivirten, | ||||||
34 | oder rohen Zustande;was den Gelehrten oder Ungelehrten und jenen im | ||||||
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