Kant: AA VI, Die Metaphysik der Sitten. ... , Seite 456 |
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01 | nach Naturgesetzen wäre, anzudichten und alles Neue in Vergleichung damit | ||||||
02 | zu verachten. | ||||||
03 | Was aber die Intension, d. i. den Grad der Verbindlichkeit zu | ||||||
04 | dieser Tugend, betrifft, so ist er nach dem Nutzen, den der Verpflichtete | ||||||
05 | aus der Wohlthat gezogen hat, und der Uneigennützigkeit, mit der ihm | ||||||
06 | diese ertheilt worden, zu schätzen. Der mindeste Grad ist, gleiche Dienstleistungen | ||||||
07 | dem Wohlthäter, der dieser empfänglich (noch lebend) ist, und, | ||||||
08 | wenn er es nicht ist, Anderen zu erweisen: eine empfangene Wohlthat | ||||||
09 | nicht wie eine Last, deren man gern überhoben sein möchte, (weil der so | ||||||
10 | Begünstigte gegen seinen Gönner eine Stufe niedriger steht und dies dessen | ||||||
11 | Stolz kränkt) anzusehen; sondern selbst die Veranlassung dazu als | ||||||
12 | moralische Wohlthat aufzunehmen, d. i. als gegebene Gelegenheit, diese | ||||||
13 | Tugend der Menschenliebe, welche mit der Innigkeit der wohlwollenden | ||||||
14 | Gesinnung zugleich Zärtlichkeit des Wohlwollens (Aufmerksamkeit auf | ||||||
15 | den kleinsten Grad derselben in der Pflichtvorstellung) ist, zu verbinden | ||||||
16 | und so die Menschenliebe zu cultiviren. | ||||||
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20 | Mitfreude und Mitleid ( sympathia moralis ) sind zwar sinnliche | ||||||
21 | Gefühle einer (darum ästhetisch zu nennenden) Lust oder Unlust an dem | ||||||
22 | Zustande des Vergnügens sowohl als Schmerzens Anderer (Mitgefühl, | ||||||
23 | theilnehmende Empfindung), wozu schon die Natur in den Menschen die | ||||||
24 | Empfänglichkeit gelegt hat. Aber diese als Mittel zu Beförderung des | ||||||
25 | thätigen und vernünftigen Wohlwollens zu gebrauchen, ist noch eine besondere, | ||||||
26 | obzwar nur bedingte Pflicht unter dem Namen der Menschlichkeit | ||||||
27 | ( humanitas ): weil hier der Mensch nicht blos als vernünftiges Wesen, | ||||||
28 | sondern auch als mit Vernunft begabtes Thier betrachtet wird. Diese | ||||||
29 | kann nun in dem Vermögen und Willen, sich einander in Ansehung | ||||||
30 | seiner Gefühle mitzutheilen ( humanitas practica ), oder blos in der | ||||||
31 | Empfänglichkeit für das gemeinsame Gefühl des Vergnügens oder | ||||||
32 | Schmerzens ( humanitas aesthetica ), was die Natur selbst giebt, gesetzt | ||||||
33 | werden. Das erstere ist frei und wird daher theilnehmend genannt | ||||||
34 | ( communio sentiendi liberalis ) und gründet sich auf praktische Vernunft: | ||||||
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