Kant: AA VI, Die Metaphysik der Sitten. ... , Seite 349

     
           
 

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Text (Kant):

 

 

 

 
  01 hiezu einen Strafkrieg annehmen müßte. Am allerwenigsten eine erbliche      
  02 Leibeigenschaft, die überhaupt absurd ist, weil die Schuld aus jemandes      
  03 Verbrechen nicht anerben kann.      
           
  04 Daß mit dem Friedensschlusse auch die Amnestie verbunden sei,      
  05 liegt schon im Begriffe desselben.      
           
  06
§ 59.
     
           
  07 Das Recht des Friedens ist 1) das im Frieden zu sein, wenn in      
  08 der Nachbarschaft Krieg ist, oder das der Neutralität; 2) sich die Fortdauer      
  09 des geschlossenen Friedens zusichern zu lassen, d. i. das der Garantie;      
  10 3) zu wechselseitiger Verbindung (Bundesgenossenschaft)      
  11 mehrerer Staaten, sich gegen alle äußere oder innere etwanige Angriffe      
  12 gemeinschaftlich zu vertheidigen; nicht ein Bund zum Angreifen und      
  13 innerer Vergrößerung.      
           
  14
§ 60.
     
           
  15 Das Recht eines Staats gegen einen ungerechten Feind hat      
  16 keine Grenzen (wohl zwar der Qualität, aber nicht der Quantität, d. i. dem      
  17 Grade, nach): d. i. der beeinträchtigte Staat darf sich zwar nicht aller      
  18 Mittel, aber doch der an sich zulässigen in dem Maße bedienen, um das      
  19 Seine zu behaupten, als er dazu Kräfte hat. - Was ist aber nun nach      
  20 Begriffen des Völkerrechts, in welchem wie überhaupt im Naturzustande      
  21 ein jeder Staat in seiner eigenen Sache Richter ist, ein ungerechter      
  22 Feind? Es ist derjenige, dessen öffentlich (es sei wörtlich oder thätlich)      
  23 geäußerter Wille eine Maxime verräth, nach welcher, wenn sie zur allgemeinen      
  24 Regel gemacht würde, kein Friedenszustand unter Völkern möglich,      
  25 sondern der Naturzustand verewigt werden müßte. Dergleichen ist die      
  26 Verletzung öffentlicher Verträge, von welcher man voraussetzen kann, daß      
  27 sie die Sache aller Völker betrifft, deren Freiheit dadurch bedroht wird,      
  28 und die dadurch aufgefordert werden, sich gegen einen solchen Unfug zu      
  29 vereinigen und ihm die Macht dazu zu nehmen; - aber doch auch nicht,      
  30 um sich in sein Land zu theilen, einen Staat gleichsam auf der Erde      
  31 verschwinden zu machen; denn das wäre Ungerechtigkeit gegen das Volk,      
  32 welches sein ursprüngliches Recht, sich in ein gemeines Wesen zu verbinden,      
  33 nicht verlieren kann, sondern es eine neue Verfassung annehmen      
  34 zu lassen, die ihrer Natur nach der Neigung zum Kriege ungünstig ist.      
           
  35 Übrigens ist der Ausdruck eines ungerechten Feindes im Naturzustande      
           
     

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