Kant: AA VI, Die Metaphysik der Sitten. ... , Seite 299

     
           
 

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Text (Kant):

 

 

 

 
  01 wider allen Schaden, der ihm daraus entspringen kann, daß er sie aus      
  02 seiner eigenen Gewahrsame gab, erlassen habe; sondern darüber müßte      
  03 ein besonderer Vertrag gemacht werden. Es kann also nur die Frage sein:      
  04 wem von beiden, dem Lehnsgeber oder Lehnsempfänger, es obliegt, die      
  05 Bedingung der Übernehmung der Gefahr, die der Sache zustoßen kann,      
  06 dem Leihevertrag ausdrücklich beizufügen, oder, wenn das nicht geschieht,      
  07 von wem man die Einwilligung zur Sicherstellung des Eigenthums      
  08 des Lehnsgebers (durch die Zurückgabe derselben oder ein Äquivalent)      
  09 präsumiren könne. Von dem Darleiher nicht: weil man nicht präsumiren      
  10 kann, er habe mehr umsonst eingewilligt, als den bloßen Gebrauch      
  11 der Sache (nämlich nicht auch noch obenein die Sicherheit des Eigenthums      
  12 selber zu übernehmen), aber wohl von dem Lehnsnehmer: weil er da nichts      
  13 mehr leistet, als gerade im Vertrage enthalten ist.      
           
  14 Wenn ich, z. B. bei einfallendem Regen, in ein Haus eintrete und      
  15 erbitte mir einen Mantel zu leihen, der aber, etwa durch unvorsichtige      
  16 Ausgießung abfärbender Materien aus dem Fenster, auf immer verdorben,      
  17 oder wenn er, indem ich ihn in einem anderen Hause, wo ich eintrete, ablege,      
  18 mir gestohlen wird, so muß doch die Behauptung jedem Menschen      
  19 als ungereimt auffallen, ich hätte nichts weiter zu thun, als jenen, so wie      
  20 er ist, zurückzuschicken, oder den geschehenen Diebstahl nur zu melden;      
  21 allenfalls sei es noch eine Höflichkeit den Eigenthümer dieses Verlustes      
  22 wegen zu beklagen, da er aus seinem Recht nichts fordern könne. - Ganz      
  23 anders lautet es, wenn ich bei der Erbittung dieses Gebrauchs zugleich      
  24 auf den Fall, daß die Sache unter meinen Händen verunglückte, mir zum      
  25 voraus erbäte, auch diese Gefahr zu übernehmen, weil ich arm und den      
  26 Verlust zu ersetzen unvermögend wäre. Niemand wird das letztere überflüssig      
  27 und lächerlich finden, außer etwa, wenn der Anleihende ein bekanntlich      
  28 vermögender und wohldenkender Mann wäre, weil es alsdann      
  29 beinahe Beleidigung sein würde, die großmüthige Erlassung meiner      
  30 Schuld in diesem Falle nicht zu präsumiren.      
           
  31 Da nun über das Mein und Dein aus dem Leihvertrage, wenn (wie      
  32 es die Natur dieses Vertrages so mit sich bringt) über die mögliche Verunglückung      
  33 ( casus ), die die Sache treffen möchte, nichts verabredet worden,      
  34 er also, weil die Einwilligung nur präsumirt worden, ein ungewisser Vertrag      
           
     

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