Kant: AA VI, Die Metaphysik der Sitten. ... , Seite 221 |
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01 | So gibt es also zwar viele direct=ethische Pflichten, aber die innere | ||||||
02 | Gesetzgebung macht auch die übrigen alle und insgesammt zu indirect | ||||||
03 | ethischen. | ||||||
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06 | ( Philosophia practica universalis. ) | ||||||
07 | Der Begriff der Freiheit ist ein reiner Vernunftbegriff, der eben | ||||||
08 | darum für die theoretische Philosophie transscendent, d. i. ein solcher ist, | ||||||
09 | dem kein angemessenes Beispiel in irgend einer möglichen Erfahrung gegeben | ||||||
10 | werden kann, welcher also keinen Gegenstand einer uns möglichen | ||||||
11 | theoretischen Erkenntniß ausmacht und schlechterdings nicht für ein constitutives, | ||||||
12 | sondern lediglich als regulatives und zwar nur bloß negatives | ||||||
13 | Princip der speculativen Vernunft gelten kann, im praktischen Gebrauch | ||||||
14 | derselben aber seine Realität durch praktische Grundsätze beweiset, die als | ||||||
15 | Gesetze eine Causalität der reinen Vernunft, unabhängig von allen empirischen | ||||||
16 | Bedingungen (dem Sinnlichen überhaupt) die Willkür zu bestimmen, | ||||||
17 | und einen reinen Willen in uns beweisen, in welchem die sittlichen | ||||||
18 | Begriffe und Gesetze ihren Ursprung haben. | ||||||
19 | Auf diesem (in praktischer Rücksicht) positiven Begriffe der Freiheit | ||||||
20 | gründen sich unbedingte praktische Gesetze, welche moralisch heißen, die | ||||||
21 | in Ansehung Unser, deren Willkür sinnlich afficirt und so dem reinen | ||||||
22 | Willen nicht von selbst angemessen, sondern oft widerstrebend ist, Imperativen | ||||||
23 | (Gebote oder Verbote) und zwar kategorische (unbedingte) Imperativen | ||||||
24 | sind, wodurch sie sich von den technischen (den Kunst=Vorschriften), | ||||||
25 | als die jederzeit nur bedingt gebieten, unterscheiden, nach denen gewisse | ||||||
26 | Handlungen erlaubt oder unerlaubt, d. i. moralisch möglich oder unmöglich, | ||||||
27 | einige derselben aber, oder ihr Gegentheil moralisch nothwendig, | ||||||
28 | d. i. verbindlich, sind, woraus dann für jene der Begriff einer Pflicht | ||||||
29 | entspringt, deren Befolgung oder Übertretung zwar auch mit einer Lust | ||||||
30 | oder Unlust von besonderer Art (der eines moralischen Gefühls) verbunden | ||||||
31 | ist, auf welche wir aber [ weil sie nicht den Grund der praktischen | ||||||
32 | Gesetze, sondern nur die subjective Wirkung im Gemüth bei der Bestimmung | ||||||
33 | unserer Willkür durch jene betreffen und (ohne jener ihrer Gültigkeit | ||||||
34 | oder Einflusse objectiv, d. i. im Urtheil der Vernunft, etwas hinzuzuthun | ||||||
35 | oder zu benehmen) nach Verschiedenheit der Subjecte verschieden | ||||||
36 | sein kann ] in praktischen Gesetzen der Vernunft gar nicht Rücksicht nehmen. | ||||||
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