Kant: AA VI, Die Religion innerhalb der ... , Seite 034 |
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01 | haben, um sein Auge lieber vom Betragen der Menschen abzuwenden, | ||||||
02 | damit er sich nicht selbst ein anderes Laster, nämlich den Menschenhaß, | ||||||
03 | zuziehe. Ist er aber damit noch nicht zufrieden, so darf er nur den aus | ||||||
04 | beiden auf wunderliche Weise zusammengesetzten, nämlich den äußern | ||||||
05 | Völkerzustand in Betrachtung ziehen, da civilisirte Völkerschaften gegen | ||||||
06 | einander im Verhältnisse des rohen Naturstandes (eines Standes der beständigen | ||||||
07 | Kriegsverfassung) stehen und sich auch fest in den Kopf gesetzt | ||||||
08 | haben, nie daraus zu gehen; und er wird dem öffentlichen Vorgeben | ||||||
09 | gerade widersprechende und doch nie abzulegende Grundsätze der großen | ||||||
10 | Gesellschaften, Staaten genannt, †) gewahr werden, die noch kein Philosoph | ||||||
11 | mit der Moral hat in Einstimmung bringen und doch auch (welches | ||||||
12 | arg ist) keine bessern, die sich mit der menschlichen Natur vereinigen ließen, | ||||||
13 | vorschlagen können: so daß der philosophische Chiliasm, der auf den | ||||||
14 | Zustand eines ewigen, auf einen Völkerbund als Weltrepublik gegründeten | ||||||
15 | Friedens hofft, eben so wie der theologische, der auf des ganzen Menschengeschlechts | ||||||
16 | vollendete moralische Besserung harrt, als Schwärmerei | ||||||
17 | allgemein verlacht wird. | ||||||
18 | Der Grund dieses Bösen kann nun 1) nicht, wie man ihn gemeiniglich | ||||||
19 | anzugeben pflegt, in der Sinnlichkeit des Menschen und den | ||||||
20 | daraus entspringenden natürlichen Neigungen gesetzt werden. Denn | ||||||
21 | nicht allein daß diese keine gerade Beziehung aufs Böse haben (vielmehr | ||||||
†) Wenn man dieser ihre Geschichte blos als das Phänomen der uns großentheils verborgenen inneren Anlagen der Menschheit ansieht, so kann man einen gewissen maschinenmäßigen Gang der Natur nach Zwecken, die nicht ihre (der Völker) Zwecke, sondern Zwecke der Natur sind, gewahr werden. Ein jeder Staat strebt, so lange er einen andern neben sich hat, den er zu bezwingen hoffen darf, sich durch dieses Unterwerfung zu vergrößern, und also zur Universalmonarchie, einer Verfassung, darin alle Freiheit und mit ihr (was die Folge derselben Tugend, Geschmack und Wissenschaft erlöschen müßte. Allein dieses Ungeheuer (in welchem die Gesetze allmählig ihre Kraft verlieren), nachdem es alle benachbarte verschlungen hat, löset sich endlich von selbst auf und theilt sich durch Aufruhr und Zwiespalt in viele kleinere Staaten, die, anstatt zu einem Staatenverein (Republik freier verbündeter Völker) zu streben, wiederum ihrerseits jeder dasselbe Spiel von neuem anfangen, um den Krieg (diese Geisel des menschlichen Geschlechts) ja nicht aufhören zu lassen, der, ob er gleich nicht so unheilbar böse ist, als das Grab der allgemeinen Alleinherrschaft (oder auch ein Völkerbund, um die Despotie in keinem Staate abkommen zu lassen), doch, wie ein Alter sagte, mehr böse Menschen macht, als er deren wegnimmt. | |||||||
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