Kant: AA VI, Die Religion innerhalb der ... , Seite 004

     
           
 

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Text (Kant):

 

 

 

 
  01 sei, zu erkennen, noch dazu, daß sie ausgeübt werde, anzutreiben: sondern      
  02 sie kann gar wohl und soll, wenn es auf Pflicht ankommt, von allen Zwecken      
  03 abstrahiren. So bedarf es zum Beispiel, um zu wissen: ob ich vor Gericht      
  04 in meinem Zeugnisse wahrhaft, oder bei Abforderung eines mir anvertrauten      
  05 fremden Guts treu sein soll (oder auch kann), gar nicht der Nachfrage      
  06 nach einem Zweck, den ich mir bei meiner Erklärung zu bewirken      
  07 etwa vorsetzen möchte, denn das ist gleichviel, was für einer es sei; vielmehr      
  08 ist der, welcher, indem ihm sein Geständniß rechtmäßig abgefordert      
  09 wird, noch nöthig findet, sich nach irgend einem Zwecke umzusehen, hierin      
  10 schon ein Nichtswürdiger.      
           
  11 Obzwar aber die Moral zu ihrem eigenen Behuf keiner Zweckvorstellung      
  12 Bedarf, die vor der Willensbestimmung vorhergehen müßte, so      
  13 kann es doch wohl sein, daß sie auf einen solchen Zweck eine nothwendige      
  14 Beziehung habe, nämlich nicht als auf den Grund, sondern als auf die      
  15 nothwendigen Folgen der Maximen, die jenen gemäß genommen werden.      
  16 Denn ohne alle Zweckbeziehung kann gar keine Willensbestimmung      
  17 im Menschen statt finden, weil sie nicht ohne alle Wirkung sein kann, deren      
  18 Vorstellung, wenn gleich nicht als Bestimmungsgrund der Willkür und      
  19 als ein in der Absicht vorhergehender Zweck, doch als Folge von ihrer      
  20 Bestimmung durchs Gesetz zu einem Zwecke muß aufgenommen werden      
  21 können ( finis in consequentiam veniens ), ohne welchen eine Willkür, die      
  22 sich keinen weder objectiv noch subjectiv bestimmten Gegenstand (den sie      
  23 hat, oder haben sollte) zur vorhabenden Handlung hinzudenkt, zwar wie      
  24 sie, aber nicht wohin sie zu wirken habe, angewiesen, sich selbst nicht Gnüge      
  25 thun kann. So bedarf es zwar für die Moral zum Rechthandeln keines      
  26 Zwecks, sondern das Gesetz, welches die formale Bedingung des Gebrauchs      
           
     

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