Kant: AA V, Kritik der Urtheilskraft ... , Seite 182 |
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01 | überhaupt und enthält nichts Empirisches. Dagegen wäre das | ||||||
02 | Princip der praktischen Zweckmäßigkeit, die in der Idee der Bestimmung | ||||||
03 | eines freien Willens gedacht werden muß, ein metaphysisches | ||||||
04 | Princip: weil der Begriff eines Begehrungsvermögens als eines Willens | ||||||
05 | doch empirisch gegeben werden muß (nicht zu den transscendentalen Prädicaten | ||||||
06 | gehört). Beide Principien aber sind dennoch nicht empirisch, | ||||||
07 | sondern Principien a priori: weil es zur Verbindung des Prädicats | ||||||
08 | mit dem empirischen Begriffe des Subjects ihrer Urtheile keiner weiteren | ||||||
09 | Erfahrung bedarf, sondern jene völlig a priori eingesehen werden kann. | ||||||
10 | Daß der Begriff einer Zweckmäßigkeit der Natur zu den transscendentalen | ||||||
11 | Principien gehöre, kann man aus den Maximen der Urtheilskraft, | ||||||
12 | die der Nachforschung der Natur a priori zum Grunde gelegt | ||||||
13 | werden, und die dennoch auf nichts als die Möglichkeit der Erfahrung, | ||||||
14 | mithin der Erkenntniß der Natur, aber nicht bloß als Natur überhaupt, | ||||||
15 | sondern als durch eine Mannigfaltigkeit besonderer Gesetze bestimmten | ||||||
16 | Natur, gehen, hinreichend ersehen. - Sie kommen, als Sentenzen der | ||||||
17 | metaphysischen Weisheit, bei Gelegenheit mancher Regeln, deren Nothwendigkeit | ||||||
18 | man nicht aus Begriffen darthun kann, im Laufe dieser | ||||||
19 | Wissenschaft oft genug, aber nur zerstreut vor. "Die Natur nimmt den | ||||||
20 | kürzesten Weg ( lex parsimoniae ); sie thut gleichwohl keinen Sprung, | ||||||
21 | weder in der Folge ihrer Veränderungen, noch der Zusammenstellung | ||||||
22 | specifisch verschiedener Formen ( lex continui in natura ); ihre große | ||||||
23 | Mannigfaltigkeit in empirischen Gesetzen ist gleichwohl Einheit unter | ||||||
24 | wenigen Principien ( principia praeter necessitatem non sunt multiplicanda )"; | ||||||
25 | u. d. g. m. | ||||||
26 | Wenn man aber von diesen Grundsätzen den Ursprung anzugeben | ||||||
27 | denkt und es auf dem psychologischen Wege versucht, so ist dies dem | ||||||
28 | Sinne derselben gänzlich zuwider. Denn sie sagen nicht, was geschieht, | ||||||
29 | d. i. nach welcher Regel unsere Erkenntnißkräfte ihr Spiel wirklich treiben, | ||||||
30 | und wie geurtheilt wird, sondern wie geurtheilt werden soll; und da kommt | ||||||
31 | diese logische objective Nothwendigkeit nicht heraus, wenn die Principien | ||||||
32 | bloß empirisch sind. Also ist die Zweckmäßigkeit der Natur für unsere | ||||||
33 | Erkenntnißvermögen und ihren Gebrauch, welche offenbar aus ihnen hervorleuchtet, | ||||||
34 | ein transscendentales Princip der Urtheile und bedarf also | ||||||
35 | auch einer transscendentalen Deduction, vermittelst deren der Grund | ||||||
36 | so zu urtheilen in den Erkenntnißquellen a priori aufgesucht werden muß. | ||||||
37 | Wir finden nämlich in den Gründen der Möglichkeit einer Erfahrung | ||||||
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