Kant: AA V, Kritik der praktischen ... , Seite 005 |
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01 | im theoretischen Erkenntnisse erweitert, sondern nur die Möglichkeit, die | ||||||
02 | vorher nur Problem war, hier Assertion wird, gegeben und so der praktische | ||||||
03 | Gebrauch der Vernunft mit den Elementen des theoretischen verknüpft | ||||||
04 | wird. Und dieses Bedürfniß ist nicht etwa ein hypothetisches einer beliebigen | ||||||
05 | Absicht der Speculation, daß man etwas annehmen müsse, wenn | ||||||
06 | man zur Vollendung des Vernunftgebrauchs in der Speculation hinaufsteigen | ||||||
07 | will, sondern ein gesetzliches, etwas anzunehmen, ohne welches | ||||||
08 | nicht geschehen kann, was man sich zur Absicht seines Thuns und Lassens | ||||||
09 | unnachlaßlich setzen soll. | ||||||
10 | Es wäre allerdings befriedigender für unsere speculative Vernunft, | ||||||
11 | ohne diesen Umschweif jene Aufgaben für sich aufzulösen und sie als Einsicht | ||||||
12 | zum praktischen Gebrauche aufzubewahren; allein es ist einmal mit | ||||||
13 | unserem Vermögen der Speculation nicht so gut bestellt. Diejenige, welche | ||||||
14 | sich solcher hohen Erkenntnisse rühmen, sollten damit nicht zurückhalten, | ||||||
15 | sondern sie öffentlich zur Prüfung und Hochschätzung darstellen. Sie wollen | ||||||
16 | beweisen; wohlan! so mögen sie denn beweisen, und die Kritik legt ihnen | ||||||
17 | als Siegern ihre ganze Rüstung zu Füßen. quid statis? Nolint. Atqui | ||||||
18 | licet esse beatis. - Da sie also in der That nicht wollen, vermuthlich | ||||||
19 | weil sie nicht können, so müssen wir jene doch nur wiederum zur Hand | ||||||
20 | nehmen, um die Begriffe von Gott, Freiheit und Unsterblichkeit, für | ||||||
21 | welche die Speculation nicht hinreichende Gewährleistung ihrer Möglichkeit | ||||||
22 | findet, in moralischem Gebrauche der Vernunft zu suchen und | ||||||
23 | auf demselben zu gründen. | ||||||
24 | Hier erklärt sich auch allererst das Räthsel der Kritik, wie man dem | ||||||
25 | übersinnlichen Gebrauche der Kategorien in der Speculation objective | ||||||
26 | Realität absprechen und ihnen doch in Ansehung der Objecte der | ||||||
27 | reinen praktischen Vernunft diese Realität zugestehen könne; denn | ||||||
28 | vorher muß dieses nothwendig inconsequent aussehen, so lange man | ||||||
29 | einen solchen praktischen Gebrauch nur dem Namen nach kennt. Wird man | ||||||
30 | aber jetzt durch eine vollständige Zergliederung des letzteren inne, daß | ||||||
31 | gedachte Realität hier gar auf keine theoretische Bestimmung der Kategorien | ||||||
32 | und Erweiterung des Erkenntnisses zum Übersinnlichen hinausgehe, | ||||||
33 | sondern nur hiedurch gemeint sei, daß ihnen in dieser Beziehung | ||||||
34 | überall ein Object zukomme, weil sie entweder in der nothwendigen | ||||||
35 | Willensbestimmung a priori enthalten, oder mit dem Gegenstande derselben | ||||||
36 | unzertrennlich verbunden sind, so verschwindet jene Inconsequenz , weil man | ||||||
37 | einen anderen Gebrauch von jenen Begriffen macht, als speculative Vernunft | ||||||
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