Kant: AA IV, Metaphysische Anfangsgründe ... , Seite 538

     
           
 

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Text (Kant):

 

 

 

 
  01 einer gleichartigen geschieht, in welchem Falle die Quantität der Materie      
  02 der Größe des Volumens proportional ist, so ist dieses doch der Forderung      
  03 des Lehrsatzes , daß sie in Vergleichung mit jeder anderen (auch specifisch      
  04 verschiedenen) geschätzt werden soll, zuwider. Also kann die Materie weder      
  05 unmittelbar, noch mittelbar in Vergleichung mit jeder andern gültig geschätzt      
  06 werden, so lange man von ihrer eigenen Bewegung abstrahirt.      
  07 Folglich ist kein anderes allgemein gültiges Maß derselben als die Quantität      
  08 ihrer Bewegung übrig. In dieser aber kann der Unterschied der Bewegung,      
  09 der auf der verschiedenen Quantität der Materien beruht, nur      
  10 alsdann gegeben werden, wenn die Geschwindigkeit unter den verglichenen      
  11 Materien als gleich angenommen wird, folglich u. s. w..      
           
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Zusatz.
     
           
  13 Die Quantität der Bewegung der Körper ist in zusammengesetztem      
  14 Verhältniß aus dem der Quantität ihrer Materie und ihrer Geschwindigkeit,      
  15 d. i. es ist einerlei, ob ich die Quantität der Materie eines Körpers      
  16 doppelt so groß mache und die Geschwindigkeit behalte, oder ob ich die      
  17 Geschwindigkeit verdoppele und eben diese Masse behalte. Denn der bestimmte      
  18 Begriff von einer Größe ist nur durch die Construction des      
  19 Quantum möglich. Diese ist aber in Ansehung des Begriffs der Quantität      
  20 nichts als die Zusammensetzung des Gleichgeltenden; folglich ist die      
  21 Construction der Quantität einer Bewegung die Zusammensetzung vieler      
  22 einander gleichgeltender Bewegungen. Nun ist es nach den phoronomischen      
  23 Lehrsätzen einerlei, ob ich einem Beweglichen einen gewissen Grad      
  24 Geschwindigkeit oder vielen gleich Beweglichen alle kleinere Grade der Geschwindigkeit      
  25 ertheile, die aus der durch die Menge des Beweglichen dividirten      
  26 gegebenen Geschwindigkeit herauskommen. Hieraus entspringt zuerst      
  27 ein dem Anscheine nach phoronomischer Begriff von der Quantität      
  28 einer Bewegung, als zusammengesetzt aus viel Bewegungen außer einander,      
  29 aber doch in einem Ganzen vereinigter beweglicher Punkte. Werden      
  30 nun diese Punkte als etwas gedacht, was durch seine Bewegung bewegende      
  31 Kraft hat, so entspringt daraus der mechanische Begriff von der      
  32 Quantität der Bewegung. In der Phoronomie aber ist es nicht thunlich,      
  33 sich eine Bewegung als aus vielen außerhalb einander befindlichen      
  34 zusammengesetzt vorzustellen, weil das Bewegliche, da es daselbst ohne      
  35 alle bewegende Kraft vorgestellt wird, in aller Zusammensetzung mit mehreren      
           
     

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