Kant: AA IV, Prolegomena zu einer jeden ... , Seite 357

     
           
 

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Text (Kant):

 

 

 

 
  01 der Erfahrung, als dem der Gedankenwesen; und wir werden dadurch zugleich      
  02 belehrt, wie jene so merkwürdige Ideen lediglich zur Grenzbestimmung      
  03 der menschlichen Vernunft dienen, nämlich einerseits Erfahrungserkenntniß      
  04 nicht unbegrenzt auszudehnen, so daß gar nichts mehr als blos      
  05 Welt von uns zu erkennen übrig bliebe, und andererseits dennoch nicht      
  06 über die Grenze der Erfahrung hinauszugehen und von Dingen außerhalb      
  07 derselben als Dingen an sich selbst urtheilen zu wollen.      
           
  08 Wir halten uns aber auf dieser Grenze, wenn wir unser Urtheil blos      
  09 auf das Verhältniß einschränken, welches die Welt zu einem Wesen haben      
  10 mag, dessen Begriff selbst außer aller Erkenntniß liegt, deren wir innerhalb      
  11 der Welt fähig sind. Denn alsdann eignen wir dem höchsten Wesen      
  12 keine von den Eigenschaften an sich selbst zu, durch die wir uns Gegenstände      
  13 der Erfahrung denken, und vermeiden dadurch den dogmatischen      
  14 Anthropomorphismus; wir legen sie aber dennoch dem Verhältnisse desselben      
  15 zur Welt bei und erlauben uns einen symbolischen Anthropomorphism,      
  16 der in der That nur die Sprache und nicht das Object selbst angeht.      
           
  17 Wenn ich sage: wir sind genöthigt, die Welt so anzusehen, als ob      
  18 sie das Werk eines höchsten Verstandes und Willens sei, so sage ich wirklich      
  19 nichts mehr als: wie sich verhält eine Uhr, ein Schiff, ein Regiment      
  20 zum Künstler, Baumeister, Befehlshaber, so die Sinnenwelt (oder alles      
  21 das, was die Grundlage dieses Inbegriffs von Erscheinungen ausmacht)      
  22 zu dem Unbekannten, das ich also hiedurch zwar nicht nach dem, was es      
  23 an sich selbst ist, aber doch nach dem, was es für mich ist, nämlich in Ansehung      
  24 der Welt, davon ich ein Theil bin, erkenne.      
           
  25
§ 58.
     
           
  26 Eine solche Erkenntniß ist die nach der Analogie, welche nicht      
  27 etwa, wie man das Wort gemeiniglich nimmt, eine unvollkommene Ähnlichkeit      
  28 zweier Dinge, sondern eine vollkommne Ähnlichkeit zweier Verhältnisse      
  29 zwischen ganz unähnlichen Dingen bedeutet*). Vermittelst dieser      
           
    *) So ist eine Analogie zwischen dem rechtlichen Verhältnisse menschlicher Handlungen und dem mechanischen Verhältnisse der bewegenden Kräfte: ich kann gegen einen andern niemals etwas thun, ohne ihm ein Recht zu geben, unter den nämlichen Bedingungen eben dasselbe gegen mich zu thun; eben so wie kein Körper auf einen andern mit seiner bewegenden Kraft wirken kann, ohne dadurch zu verursachen, daß der andre ihm eben so viel entgegen wirke. Hier sind Recht und [Seitenumbruch] bewegende Kraft ganz unähnliche Dinge, aber in ihrem Verhältnisse ist doch völlige Ähnlichkeit. Vermittelst einer solchen Analogie kann ich daher einen Verhältnißbegriff von Dingen, die mir absolut unbekannt sind, geben. Z. B. wie sich verhält die Beförderung des Glücks der Kinder = a zu der Liebe der Eltern = b, so die Wohlfahrt des menschlichen Geschlechts = c zu dem Unbekannten in Gott = x, welches wir Liebe nennen; nicht als wenn es die mindeste Ähnlichkeit mit irgend einer menschlichen Neigung hätte, sondern weil wir das Verhältniß desselben zur Welt demjenigen ähnlich setzen können, was Dinge der Welt unter einander haben. Der Verhältnißbegriff aber ist hier eine bloße Kategorie, nämlich der Begriff der Ursache, der nichts mit Sinnlichkeit zu thun hat.      
           
     

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