Kant: AA IV, Prolegomena zu einer jeden ... , Seite 356 |
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01 | kann. Eben das widerfährt mir auch, wenn ich dem höchsten Wesen | ||||||
02 | einen Willen beilege: denn ich habe diesen Begriff nur, indem ich ihn aus | ||||||
03 | meiner innern Erfahrung ziehe, dabei aber meiner Abhängigkeit der Zufriedenheit | ||||||
04 | von Gegenständen, deren Existenz wir bedürfen, und also Sinnlichkeit | ||||||
05 | zum Grunde liegt, welches dem reinen Begriffe des höchsten Wesens | ||||||
06 | gänzlich widerspricht. | ||||||
07 | Die Einwürfe des Hume wider den Deismus sind schwach und treffen | ||||||
08 | niemals etwas mehr als die Beweisthümer, niemals aber den Satz | ||||||
09 | der deistischen Behauptung selbst. Aber in Ansehung des Theismus, der | ||||||
10 | durch eine nähere Bestimmung unseres dort blos transscendenten Begriffs | ||||||
11 | vom höchsten Wesen zu Stande kommen soll, sind sie sehr stark und, nachdem | ||||||
12 | man diesen Begriff einrichtet, in gewissen (in der That allen gewöhnlichen) | ||||||
13 | Fällen unwiderleglich. Hume hält sich immer daran: daß durch | ||||||
14 | den bloßen Begriff eines Urwesens, dem wir keine andere als ontologische | ||||||
15 | Prädicate (Ewigkeit, Allgegenwart, Allmacht) beilegen, wir wirklich gar | ||||||
16 | nichts Bestimmtes denken, sondern es müßten Eigenschaften hinzukommen, | ||||||
17 | die einen Begriff in concreto abgeben können; es sei nicht genug, zu sagen: | ||||||
18 | er sei Ursache, sondern: wie seine Causalität beschaffen sei, etwa durch Verstand | ||||||
19 | und Willen; und da fangen seine Angriffe der Sache selbst, nämlich | ||||||
20 | des Theismus, an, da er vorher nur die Beweisgründe des Deismus gestürmt | ||||||
21 | hatte, welches keine sonderliche Gefahr nach sich zieht. Seine gefährlichen | ||||||
22 | Argumente beziehen sich insgesammt auf den Anthropomorphismus, | ||||||
23 | von dem er dafür hält, er sei von dem Theism unabtrennlich und | ||||||
24 | mache ihn in sich selbst widersprechend, ließe man ihn aber weg, so fiele | ||||||
25 | dieser hiemit auch, und es bliebe nichts als ein Deism übrig, aus dem | ||||||
26 | man nichts machen, der uns zu nichts nützen und zu gar keinen Fundamenten | ||||||
27 | der Religion und Sitten dienen kann. Wenn diese Unvermeidlichkeit | ||||||
28 | des Anthropomorphismus gewiß wäre, so möchten die Beweise vom | ||||||
29 | Dasein eines höchsten Wesens sein, welche sie wollen, und alle eingeräumt | ||||||
30 | werden, der Begriff von diesem Wesen würde doch niemals von uns bestimmt | ||||||
31 | werden können, ohne uns in Widersprüche zu verwickeln. | ||||||
32 | Wenn wir mit dem Verbot, alle transscendente Urtheile der reinen | ||||||
33 | Vernunft zu vermeiden, das damit dem Anschein nach streitende Gebot, | ||||||
34 | bis zu Begriffen, die außerhalb dem Felde des immanenten (empirischen) | ||||||
35 | Gebrauchs liegen, hinauszugehen, verknüpfen: so werden wir inne, daß | ||||||
36 | beide zusammen bestehen können, aber nur gerade auf der Grenze alles | ||||||
37 | erlaubten Vernunftgebrauchs; denn diese gehört eben so wohl zum Felde | ||||||
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