Kant: AA IV, Prolegomena zu einer jeden ... , Seite 353 |
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01 | nur auf Erscheinungen, und was nicht ein Gegenstand der sinnlichen | ||||||
02 | Anschauung sein kann, als die Begriffe der Metaphysik und Moral, das | ||||||
03 | liegt ganz außerhalb ihrer Sphäre, und dahin kann sie niemals führen; sie | ||||||
04 | bedarf aber derselben auch gar nicht. Es ist also kein continuirlicher Fortgang | ||||||
05 | und Annäherung zu diesen Wissenschaften und gleichsam ein Punkt | ||||||
06 | oder Linie der Berührung. Naturwissenschaft wird uns niemals das Innere | ||||||
07 | der Dinge, d. i. dasjenige, was nicht Erscheinung ist, aber doch zum | ||||||
08 | obersten Erklärungsgrunde der Erscheinungen dienen kann, entdecken; aber | ||||||
09 | sie braucht dieses auch nicht zu ihren physischen Erklärungen; ja wenn ihr | ||||||
10 | auch dergleichen anderweitig angeboten würde (z. B. Einfluß immaterieller | ||||||
11 | Wesen), so soll sie es doch ausschlagen und gar nicht in den Fortgang ihrer | ||||||
12 | Erklärungen bringen, sondern diese jederzeit nur auf das Gründen, was als | ||||||
13 | Gegenstand der Sinne zu Erfahrung gehören und mit unsern wirklichen | ||||||
14 | Wahrnehmungen nach Erfahrungsgesetzen in Zusammenhang gebracht | ||||||
15 | werden kann. | ||||||
16 | Allein Metaphysik führt uns in den dialektischen Versuchen der reinen | ||||||
17 | Vernunft (die nicht willkürlich oder muthwilliger Weise angefangen werden, | ||||||
18 | sondern dazu die Natur der Vernunft selbst treibt) auf Grenzen; und | ||||||
19 | die transscendentale Ideen, eben dadurch daß man ihrer nicht Umgang | ||||||
20 | haben kann, daß sie sich gleichwohl niemals wollen realisiren lassen, dienen | ||||||
21 | dazu, nicht allein uns wirklich die Grenzen des reinen Vernunftgebrauchs | ||||||
22 | zu zeigen, sondern auch die Art, solche zu bestimmen; und das ist auch der | ||||||
23 | Zweck und Nutzen dieser Naturanlage unserer Vernunft, welche Metaphysik | ||||||
24 | als ihr Lieblingskind ausgeboren hat, dessen Erzeugung so wie jede andere | ||||||
25 | in der Welt nicht dem ungefähren Zufalle, sondern einem ursprünglichen | ||||||
26 | Keime zuzuschreiben ist, welcher zu großen Zwecken weislich organisirt ist. | ||||||
27 | Denn Metaphysik ist vielleicht mehr, wie irgend eine andere Wissenschaft | ||||||
28 | durch die Natur selbst ihren Grundzügen nach in uns gelegt und kann gar | ||||||
29 | nicht als das Product einer beliebigen Wahl, oder als zufällige Erweiterung | ||||||
30 | beim Fortgange der Erfahrungen (von denen sie sich gänzlich abtrennt) | ||||||
31 | angesehen werden. | ||||||
32 | Die Vernunft, durch alle ihre Begriffe und Gesetze des Verstandes, | ||||||
33 | die ihr zum empirischen Gebrauche, mithin innerhalb der Sinnenwelt hinreichend | ||||||
34 | sind, findet doch von sich dabei keine Befriedigung; denn durch | ||||||
35 | ins Unendliche immer wiederkommende Fragen wird ihr alle Hoffnung | ||||||
36 | zur vollendeten Auflösung derselben benommen. Die transscendentale | ||||||
37 | Ideen, welche diese Vollendung zur Absicht haben, sind solche Probleme | ||||||
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