Kant: AA IV, Prolegomena zu einer jeden ... , Seite 345 |
|||||||
Zeile:
|
Text (Kant):
|
|
|
||||
| 01 | sind, in Verknüpfung steht und so fern das Vermögen eines Wesens | ||||||
| 02 | ist, das selbst zu den Erscheinungen gehört, sondern auch auf objective | ||||||
| 03 | Gründe, die blos Ideen sind, bezogen wird, so fern sie dieses Vermögen | ||||||
| 04 | bestimmen können, welche Verknüpfung durch Sollen ausgedrückt wird. | ||||||
| 05 | Dieses Vermögen heißt Vernunft; und so fern wir ein Wesen (den Menschen) | ||||||
| 06 | lediglich nach dieser objectiv bestimmbaren Vernunft betrachten, | ||||||
| 07 | kann es nicht als ein Sinnenwesen betrachtet werden, sondern die gedachte | ||||||
| 08 | Eigenschaft ist die Eigenschaft eines Dinges an sich selbst, deren Möglichkeit, | ||||||
| 09 | wie nämlich das Sollen, was doch noch nie geschehen ist, die Thätigkeit | ||||||
| 10 | desselben bestimme und Ursache von Handlungen sein könne, deren | ||||||
| 11 | Wirkung Erscheinung in der Sinnenwelt ist, wir gar nicht begreifen | ||||||
| 12 | können. Indessen würde doch die Causalität der Vernunft in Ansehung | ||||||
| 13 | der Wirkungen in der Sinnenwelt Freiheit sein, so fern objective | ||||||
| 14 | Gründe, die selbst Ideen sind, in Ansehung ihrer als bestimmend angesehen | ||||||
| 15 | werden. Denn ihre Handlung hinge alsdann nicht an subjectiven, | ||||||
| 16 | mithin auch keinen Zeitbedingungen und also auch nicht vom Naturgesetze | ||||||
| 17 | ab, das diese zu bestimmen dient, weil Gründe der Vernunft allgemein, | ||||||
| 18 | aus Principien, ohne Einfluß der Umstände der Zeit oder des Orts Handlungen | ||||||
| 19 | die Regel geben. | ||||||
| 20 | Was ich hier anführe, gilt nur als Beispiel zur Verständlichkeit und | ||||||
| 21 | gehört nicht nothwendig zu unserer Frage, welche unabhängig von Eigenschaften, | ||||||
| 22 | die wir in der wirklichen Welt antreffen, aus bloßen Begriffen | ||||||
| 23 | entschieden werden muß. | ||||||
| 24 | Nun kann ich ohne Widerspruch sagen: alle Handlungen vernünftiger | ||||||
| 25 | Wesen, so fern sie Erscheinungen sind (in irgend einer Erfahrung angetroffen | ||||||
| 26 | werden), stehen unter der Naturnothwendigkeit; eben dieselbe Handlungen | ||||||
| 27 | aber blos respective auf das vernünftige Subject und dessen Vermögen | ||||||
| 28 | nach bloßer Vernunft zu handeln sind frei. Denn was wird zur | ||||||
| 29 | Naturnothwendigkeit erfordert? Nichts weiter als die Bestimmbarkeit | ||||||
| 30 | jeder Begebenheit der Sinnenwelt nach beständigen Gesetzen, mithin eine | ||||||
| 31 | Beziehung auf Ursache in der Erscheinung, wobei das Ding an sich selbst, | ||||||
| 32 | was zum Grunde liegt, und dessen Causalität unbekannt bleibt. Ich sage | ||||||
| 33 | aber: das Naturgesetz bleibt, es mag nun das vernünftige Wesen aus | ||||||
| 34 | Vernunft, mithin durch Freiheit Ursache der Wirkungen der Sinnenwelt | ||||||
| 35 | sein, oder es mag diese auch nicht aus Vernunftgründen bestimmen. Denn | ||||||
| 36 | ist das erste, so geschieht die Handlung nach Maximen, deren Wirkung in | ||||||
| 37 | der Erscheinung jederzeit beständigen Gesetzen gemäß sein wird; ist das | ||||||
| [ Seite 344 ] [ Seite 346 ] [ Inhaltsverzeichnis ] |
|||||||