Kant: AA IV, Prolegomena zu einer jeden ... , Seite 307

     
           
 

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Text (Kant):

 

 

 

 
  01 dem völlig leeren Raume immer noch kleinere Grade gedacht werden können,      
  02 so wie sie selbst zwischen einem Bewußtsein und dem völligen Unbewußtsein      
  03 (psychologischer Dunkelheit) immer noch kleinere stattfinden; daher      
  04 keine Wahrnehmung möglich ist, welche einen absoluten Mangel bewiese,      
  05 z. B. keine psychologische Dunkelheit, die nicht als ein Bewußtsein betrachtet      
  06 werden könnte, welches nur von anderem, stärkerem überwogen wird,      
  07 und so in allen Fällen der Empfindung; weswegen der Verstand sogar      
  08 Empfindungen, welche die eigentliche Qualität der empirischen Vorstellungen      
  09 (Erscheinungen) ausmachen, anticipiren kann vermittelst des Grundsatzes,      
  10 daß sie alle insgesammt, mithin das Reale aller Erscheinung Grade      
  11 habe, welches die zweite Anwendung der Mathematik ( mathesis intensorum )      
  12 auf Naturwissenschaft ist.      
           
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§ 25.
     
           
  14 In Ansehung des Verhältnisses der Erscheinungen und zwar lediglich      
  15 in Absicht auf ihr Dasein ist die Bestimmung dieses Verhältnisses      
  16 nicht mathematisch, sondern dynamisch und kann niemals objectiv gültig,      
  17 mithin zu einer Erfahrung tauglich sein, wenn sie nicht unter Grundsätzen      
  18 a priori steht, welche die Erfahrungserkenntniß in Ansehung derselben      
  19 allererst möglich machen. Daher müssen Erscheinungen unter den      
  20 Begriff der Substanz, welcher aller Bestimmung des Daseins als ein Begriff      
  21 vom Dinge selbst zum Grunde liegt, oder zweitens, so fern eine Zeitfolge      
  22 unter den Erscheinungen, d. i. eine Begebenheit, angetroffen wird,      
  23 unter den Begriff einer Wirkung in Beziehung auf Ursache, oder, so fern      
  24 das Zugleichsein objectiv, d. i. durch ein Erfahrungsurtheil, erkannt werden      
  25 soll, unter den Begriff der Gemeinschaft (Wechselwirkung) subsumirt      
  26 werden, und so liegen Grundsätze a priori objectiv gültigen, obgleich empirischen      
  27 Urtheilen, d. i. der Möglichkeit der Erfahrung, so fern sie Gegenstände      
  28 dem Dasein nach in der Natur verknüpfen soll, zum Grunde.      
  29 Diese Grundsätze sind die eigentlichen Naturgesetze, welche dynamisch heißen      
  30 können.      
           
  31 Zuletzt gehört auch zu den Erfahrungsurtheilen die Erkenntniß der      
  32 Übereinstimmung und Verknüpfung: nicht sowohl der Erscheinungen      
  33 unter einander in der Erfahrung, als vielmehr ihr Verhältniß zur Erfahrung      
  34 überhaupt, welches entweder ihre Übereinstimmung mit den formalen      
  35 Bedingungen, die der Verstand erkennt, oder Zusammenhang mit      
           
     

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