Kant: AA IV, Prolegomena zu einer jeden ... , Seite 280

     
           
 

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Text (Kant):

 

 

 

 
  01 und so wird die transscendentale Hauptfrage, in vier andere Fragen      
  02 zertheilt, nach und nach beantwortet werden.      
           
  03 1) Wie ist reine Mathematik möglich?      
  04 2) Wie ist reine Naturwissenschaft möglich?      
  05 3) Wie ist Metaphysik überhaupt möglich?      
  06 4) wie ist Metaphysik als Wissenschaft möglich?      
           
  07 Man sieht, daß, wenn gleich die Auflösung dieser Aufgaben hauptsächlich      
  08 den wesentlichen Inhalt der Kritik darstellen soll, sie dennoch auch      
  09 etwas Eigenthümliches habe, welches auch für sich allein der Aufmerksamkeit      
  10 würdig ist, nämlich zu gegebenen Wissenschaften die Quellen in der      
  11 Vernunft selbst zu suchen, um dadurch dieser ihr Vermögen, etwas a priori      
  12 zu erkennen, vermittelst der That selbst zu erforschen und auszumessen;      
  13 wodurch denn diese Wissenschaften selbst, wenn gleich nicht in Ansehung      
  14 ihres Inhalts, doch was ihren richtigen Gebrauch betrifft, gewinnen und,      
  15 indem sie einer höheren Frage, wegen ihres gemeinschaftlichen Ursprungs,      
  16 Licht zu verschaffen, zugleich Anlaß geben, ihre eigene Natur besser aufzuklären.      
           
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Der transscendentalen Hauptfrage

     
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Erster Theil.

     
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Wie ist reine Mathematik möglich?

     
           
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§ 6.
     
           
  22 Hier ist nun eine große und bewährte Erkenntniß, die schon jetzt von      
  23 bewundernswürdigem Umfange ist und unbegrenzte Ausbreitung auf die      
  24 Zukunft verspricht, die durch und durch apodiktische Gewißheit, d. i. absolute      
  25 Nothwendigkeit, bei sich führt, also auf keinen Erfahrungsgründen      
  26 beruht, mithin ein reines Product der Vernunft, überdem aber durch und      
  27 durch synthetisch ist. "Wie ist es nun der menschlichen Vernunft möglich,      
  28 eine solche Erkenntniß gänzlich a priori zu Stande zu bringen?" Setzt      
  29 dieses Vermögen, da es sich nicht auf Erfahrungen fußt, noch fußen kann,      
  30 nicht irgend einen Erkenntnißgrund a priori voraus, der tief verborgen      
  31 liegt, der sich aber durch diese seine Wirkungen offenbaren dürfte, wenn      
  32 man den ersten Anfängen derselben nur fleißig nachspürte?      
           
           
     

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