| Kant: AA IV, Kritik der reinen Vernunft ... , Seite 214 | |||||||
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| 01 | in der Theorie der Philosophen unter andere mischen, ohne daß diese | ||||||
| 02 | sie einmal von Verstandesbegriffen gehörig unterscheiden, aus dieser zweideutigen | ||||||
| 03 | Lage haben herausziehen, ihren Ursprung und dadurch zugleich | ||||||
| 04 | ihre bestimmte Zahl, über die es gar keine mehr geben kann, angeben und | ||||||
| 05 | sie in einem systematischen Zusammenhange haben vorstellen können, wodurch | ||||||
| 06 | ein besonderes Feld für die reine Vernunft abgesteckt und eingeschränkt | ||||||
| 07 | wird. | ||||||
| 08 | Der | ||||||
| 09 | Transscendentalen Dialektik | ||||||
| 10 | Zweites Buch. | ||||||
| 11 | Von den dialektischen Schlüssen der reinen Vernunft. | ||||||
| 12 | Man kann sagen: der Gegenstand einer bloßen transscendentalen | ||||||
| 13 | Idee sei etwas, wovon man keinen Begriff hat, obgleich diese Idee ganz | ||||||
| 14 | nothwendig in der Vernunft nach ihren ursprünglichen Gesetzen erzeugt | ||||||
| 15 | worden. Denn in der That ist auch von einem Gegenstande, der der | ||||||
| 16 | Forderung der Vernunft adäquat sein soll, kein Verstandesbegriff möglich, | ||||||
| 17 | d. i. ein solcher, welcher in einer möglichen Erfahrung gezeigt und anschaulich | ||||||
| 18 | gemacht werden kann. Besser würde man sich doch und mit weniger | ||||||
| 19 | Gefahr des Mißverständnisses ausdrücken, wenn man sagte, daß | ||||||
| 20 | wir vom Object, welches einer Idee correspondirt, keine Kenntniß, obzwar | ||||||
| 21 | einen problematischen Begriff haben können. | ||||||
| 22 | Nun beruht wenigstens die transscendentale (subjective) Realität der | ||||||
| 23 | reinen Vernunftbegriffe darauf, daß wir durch einen nothwendigen Vernunftschluß | ||||||
| 24 | auf solche Ideen gebracht werden. Also wird es Vernunftschlüsse | ||||||
| 25 | geben, die keine empirische Prämissen enthalten und vermittelst | ||||||
| 26 | deren wir von etwas, das wir kennen, auf etwas anderes schließen, wovon | ||||||
| 27 | wir doch keinen Begriff haben und dem wir gleichwohl durch einen unvermeidlichen | ||||||
| 28 | Schein objective Realität geben. Dergleichen Schlüsse sind in | ||||||
| 29 | Ansehung ihres Resultats also eher vernünftelnde als Vernunftschlüsse | ||||||
| 30 | zu nennen; wiewohl sie ihrer Veranlassung wegen wohl den letzteren Namen | ||||||
| 31 | führen können, weil sie doch nicht erdichtet oder zufällig entstanden, | ||||||
| 32 | sondern aus der Natur der Vernunft entsprungen sind. Es sind Sophisticationen | ||||||
| 33 | nicht der Menschen, sondern der reinen Vernunft selbst, von denen | ||||||
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