| Kant: AA IV, Kritik der reinen Vernunft ... , Seite 204 | |||||||
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| 01 | Dem, der sich einmal an diese Unterscheidung gewöhnt hat, | ||||||
| 02 | muß es unerträglich fallen, die Vorstellung der rothen Farbe Idee nennen | ||||||
| 03 | zu hören. Sie ist nicht einmal Notion (Verstandesbegriff) zu nennen. | ||||||
| 04 | Des | ||||||
| 05 | Ersten Buchs der transscendentalen Dialektik | ||||||
| 06 | Zweiter Abschnitt. | ||||||
| 07 | Von den transscendentalen Ideen. | ||||||
| 08 | Die transscendentale Analytik gab uns ein Beispiel, wie die bloße | ||||||
| 09 | logische Form unserer Erkenntniß den Ursprung von reinen Begriffen | ||||||
| 10 | a priori enthalten könne, welche vor aller Erfahrung Gegenstände vorstellen, | ||||||
| 11 | oder vielmehr die synthetische Einheit anzeigen, welche allein eine empirische | ||||||
| 12 | Erkenntniß von Gegenständen möglich macht. Die Form der Urtheile (in | ||||||
| 13 | einen Begriff von der Synthesis der Anschauungen verwandelt) brachte | ||||||
| 14 | Kategorien hervor, welche allen Verstandesgebrauch in der Erfahrung | ||||||
| 15 | leiten. Eben so können wir erwarten, daß die Form der Vernunftschlüsse, | ||||||
| 16 | wenn man sie auf die synthetische Einheit der Anschauungen nach Maßgebung | ||||||
| 17 | der Kategorien anwendet, den Ursprung besonderer Begriffe a priori | ||||||
| 18 | enthalten werde, welche wir reine Vernunftbegriffe oder transscendentale | ||||||
| 19 | Ideen nennen können, und die den Verstandesgebrauch im Ganzen der | ||||||
| 20 | gesammten Erfahrung nach Principien bestimmen werden. | ||||||
| 21 | Die Function der Vernunft bei ihren Schlüssen bestand in der Allgemeinheit | ||||||
| 22 | der Erkenntniß nach Begriffen, und der Vernunftschluß selbst | ||||||
| 23 | ist ein Urtheil, welches a priori in dem ganzen Umfange seiner Bedingung | ||||||
| 24 | bestimmt wird. Den Satz: Caius ist sterblich, könnte ich auch blos | ||||||
| 25 | durch den Verstand aus der Erfahrung schöpfen. Allein ich suche einen | ||||||
| 26 | Begriff, der die Bedingung enthält, unter welcher das Prädicat (Assertion | ||||||
| 27 | überhaupt) dieses Urtheils gegeben wird (d. i. hier den Begriff des Menschen); | ||||||
| 28 | und nachdem ich unter diese Bedingung, in ihrem ganzen Umfange | ||||||
| 29 | genommen (alle Menschen sind sterblich), subsumirt habe: so bestimme ich | ||||||
| 30 | darnach die Erkenntniß meines Gegenstandes (Caius ist sterblich). | ||||||
| 31 | Demnach restringiren wir in der Conclusion eines Vernunftschlusses | ||||||
| 32 | ein Prädicat auf einen gewissen Gegenstand, nachdem wir es vorher in | ||||||
| 33 | dem Obersatz in seinem ganzen Umfange unter einer gewissen Bedingung | ||||||
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