Kant: AA IV, Kritik der reinen Vernunft ... , Seite 192

     
           
 

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Text (Kant):

 

 

 

 
  01 unter sich befaßt, indessen wir nach der Analogie mit den Verstandesbegriffen      
  02 erwarten können: daß der logische Begriff zugleich den Schlüssel      
  03 zum transscendentalen und die Tafel der Functionen der ersteren zugleich      
  04 die Stammleiter der Vernunftbegriffe an die Hand geben werde.      
           
  05 Wir erklärten im erstern Theile unserer transscendentalen Logik den      
  06 Verstand durch das Vermögen der Regeln, hier unterscheiden wir die Vernunft      
  07 von demselben dadurch, daß wir sie das Vermögen der Principien      
  08 nennen wollen.      
           
  09 Der Ausdruck eines Princips ist zweideutig und bedeutet gemeiniglich      
  10 nur ein Erkenntniß, das als Princip gebraucht werden kann, ob es      
  11 zwar an sich selbst und seinem eigenen Ursprunge nach kein Principium      
  12 ist. Ein jeder allgemeine Satz, er mag auch sogar aus Erfahrung (durch      
  13 Induction) hergenommen sein, kann zum Obersatz in einem Vernunftschlusse      
  14 dienen; er ist darum aber nicht selbst ein Principium. Die mathematische      
  15 Axiomen (z. B. zwischen zwei Punkten kann nur eine gerade Linie      
  16 sein) sind sogar allgemeine Erkenntnisse a priori und werden daher mit      
  17 Recht relativisch auf die Fälle, die unter ihnen subsumirt werden können,      
  18 Principien genannt. Aber ich kann darum doch nicht sagen: daß ich diese      
  19 Eigenschaft der geraden Linien überhaupt und an sich aus Principien erkenne,      
  20 sondern nur in der reinen Anschauung.      
           
  21 Ich würde daher Erkenntniß aus Principien diejenige nennen, da      
  22 ich das Besondre im Allgemeinen durch Begriffe erkenne. So ist denn ein      
  23 jeder Vernunftschluß eine Form der Ableitung einer Erkenntniß aus einem      
  24 Princip. Denn der Obersatz giebt jederzeit einen Begriff, der da macht,      
  25 daß alles, was unter der Bedingung desselben subsumirt wird, aus ihm      
  26 nach einem Princip erkannt wird. Da nun jede allgemeine Erkenntniß      
  27 zum Obersatze in einem Vernunftschlusse dienen kann, und der Verstand      
  28 dergleichen allgemeine Sätze a priori darbietet, so können diese denn auch      
  29 in Ansehung ihres möglichen Gebrauchs Principien genannt werden.      
           
  30 Betrachten wir aber diese Grundsätze des reinen Verstandes an sich      
  31 selbst ihrem Ursprunge nach, so sind sie nichts weniger als Erkenntnisse      
  32 aus Begriffen. Denn sie würden auch nicht einmal a priori möglich sein,      
  33 wenn wir nicht die reine Anschauung (in der Mathematik), oder Bedingungen      
  34 einer möglichen Erfahrung überhaupt herbei zögen. Daß alles,      
  35 was geschieht, eine Ursache habe, kann gar nicht aus dem Begriffe dessen,      
  36 was überhaupt geschieht, geschlossen werden; vielmehr zeigt der Grundsatz,      
           
     

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