Kant: AA IV, Kritik der reinen Vernunft ... , Seite 126 |
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01 | blos diese Beharrlichkeit ist der Grund, warum wir auf die Erscheinung | ||||||
02 | die Kategorie der Substanz anwenden, und man hätte beweisen müssen: | ||||||
03 | daß in allen Erscheinungen etwas Beharrliches sei, an welchem das Wandelbare | ||||||
04 | nichts als Bestimmung seines Daseins ist. Da aber ein solcher | ||||||
05 | Beweis niemals dogmatisch, d. i. aus Begriffen, geführt werden kann, | ||||||
06 | weil er einen synthetischen Satz a priori betrifft, und man niemals daran | ||||||
07 | dachte, daß dergleichen Sätze nur in Beziehung auf mögliche Erfahrung | ||||||
08 | gültig sind, mithin auch nur durch eine Deduction der Möglichkeit der | ||||||
09 | letztern bewiesen werden können: so ist kein Wunder, wenn er zwar bei | ||||||
10 | aller Erfahrung zum Grunde gelegt (weil man dessen Bedürfniß bei der | ||||||
11 | empirischen Erkenntniß fühlt), niemals aber bewiesen worden ist. | ||||||
12 | Ein Philosoph wurde gefragt: wie viel wiegt der Rauch? Er antwortete: | ||||||
13 | ziehe von dem Gewichte des verbrannten Holzes das Gewicht der | ||||||
14 | übrigbleibenden Asche ab, so hast du das Gewicht des Rauchs. Er setzte | ||||||
15 | also als unwidersprechlich voraus: daß selbst im Feuer die Materie (Substanz) | ||||||
16 | nicht vergehe, sondern nur die Form derselben eine Abänderung erleide. | ||||||
17 | Eben so war der Satz: aus nichts wird nichts, nur ein anderer | ||||||
18 | Folgesatz aus dem Grundsatze der Beharrlichkeit, oder vielmehr des immerwährenden | ||||||
19 | Daseins des eigentlichen Subjects an den Erscheinungen. Denn | ||||||
20 | wenn dasjenige an der Erscheinung, was man Substanz nennen will, das | ||||||
21 | eigentliche Substratum aller Zeitbestimmung sein soll, so muß sowohl | ||||||
22 | alles Dasein in der vergangenen, als das der künftigen Zeit daran einzig | ||||||
23 | und allein bestimmt werden können. Daher können wir einer Erscheinung | ||||||
24 | nur darum den Namen Substanz geben, weil wir ihr Dasein zu aller Zeit | ||||||
25 | voraussetzen, welches durch das Wort Beharrlichkeit nicht einmal wohl | ||||||
26 | ausgedrückt wird, indem dieses mehr auf künftige Zeit geht. Indessen ist | ||||||
27 | die innre Nothwendigkeit zu beharren doch unzertrennlich mit der Nothwendigkeit | ||||||
28 | immer gewesen zu sein verbunden, und der Ausdruck mag also | ||||||
29 | bleiben. Gigni de nihilo nihil, in nihilum nil posse reverti , waren zwei | ||||||
30 | Sätze, welche die Alten unzertrennt verknüpften, und die man aus Mißverstand | ||||||
31 | jetzt bisweilen trennt, weil man sich vorstellt, daß sie Dinge an | ||||||
32 | sich selbst angehen, und der erstere der Abhängigkeit der Welt von einer | ||||||
33 | obersten Ursache (auch sogar ihrer Substanz nach) entgegen sein dürfte, | ||||||
34 | welche Besorgniß unnöthig ist, indem hier nur von Erscheinungen im Felde | ||||||
35 | der Erfahrung die Rede ist, deren Einheit niemals möglich sein würde, | ||||||
36 | wenn wir neue Dinge (der Substanz nach) wollten entstehen lassen. Denn | ||||||
37 | alsdann fiele dasjenige Weg, welches die Einheit der Zeit allein vorstellen | ||||||
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