Kant: AA IV, Kritik der reinen Vernunft ... , Seite 096 |
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01 | Lehrgebäudes unter dem Namen der transscendentalen Dialektik | ||||||
02 | erfordere. | ||||||
03 | Verstand und Urtheilskraft haben demnach ihren Kanon des objectiv | ||||||
04 | gültigen, mithin wahren Gebrauchs in der transscendentalen Logik und | ||||||
05 | gehören also in ihren analytischen Theil. Allein Vernunft in ihren Versuchen, | ||||||
06 | über Gegenstände a priori etwas auszumachen und das Erkenntniß | ||||||
07 | über die Grenzen möglicher Erfahrung zu erweitern, ist ganz und gar | ||||||
08 | dialektisch, und ihre Scheinbehauptungen schicken sich durchaus nicht in | ||||||
09 | einen Kanon, dergleichen doch die Analytik enthalten soll. | ||||||
10 | Die Analytik der Grundsätze wird demnach lediglich ein Kanon | ||||||
11 | für die Urtheilskraft sein, der sie lehrt, die Verstandesbegriffe, welche | ||||||
12 | die Bedingung zu Regeln a priori enthalten, auf Erscheinungen anzuwenden. | ||||||
13 | Aus dieser Ursache werde ich, indem ich die eigentlichen Grundsätze | ||||||
14 | des Verstandes zum Thema nehme, mich der Benennung einer | ||||||
15 | Doctrin der Urtheilskraft bedienen, wodurch dieses Geschäfte genauer | ||||||
16 | bezeichnet wird. | ||||||
17 | Einleitung. |
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18 | Von der transscendentalen Urtheilskraft überhaupt. |
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19 | Wenn der Verstand überhaupt als das Vermögen der Regeln erklärt | ||||||
20 | wird, so ist Urtheilskraft das Vermögen unter Regeln zu subsumiren, | ||||||
21 | d. i. zu unterscheiden, ob etwas unter einer gegebenen Regel ( casus datae | ||||||
22 | legis ) stehe, oder nicht. Die allgemeine Logik enthält gar keine Vorschriften | ||||||
23 | für die Urtheilskraft und kann sie auch nicht enthalten. Denn da sie | ||||||
24 | von allem Inhalte der Erkenntniß abstrahirt, so bleibt ihr nichts | ||||||
25 | übrig als das Geschäfte, die bloße Form der Erkenntniß in Begriffen, | ||||||
26 | Urtheilen und Schlüssen analytisch aus einander zu setzen und dadurch | ||||||
27 | formale Regeln alles Verstandesgebrauchs zu Stande zu bringen. Wollte sie | ||||||
28 | nun allgemein zeigen, wie man unter diese Regeln subsumiren, d. i. unterscheiden | ||||||
29 | sollte, ob etwas darunter stehe oder nicht, so könnte dieses nicht | ||||||
30 | anders als wieder durch eine Regel geschehen. Diese aber erfordert eben | ||||||
31 | darum, weil sie eine Regel ist, aufs neue eine Unterweisung der Urtheilskraft, | ||||||
32 | und so zeigt sich, daß zwar der Verstand einer Belehrung und Ausrüstung | ||||||
33 | durch Regeln fähig, Urtheilskraft aber ein besonderes Talent sei, | ||||||
34 | welches gar nicht belehrt, sondern nur geübt sein will. Daher ist diese | ||||||
35 | auch das Specifische des so genannten Mutterwitzes, dessen Mangel keine | ||||||
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