Kant: AA IV, Kritik der reinen Vernunft ... , Seite 072 |
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01 | enthalten sollten (denn Erfahrungen kann man nicht zum Beweise | ||||||
02 | anführen, weil die objective Gültigkeit dieses Begriffs a priori muß dargethan | ||||||
03 | werden können), und es ist daher a priori zweifelhaft, ob ein solcher | ||||||
04 | Begriff nicht etwa gar leer sei und überall unter den Erscheinungen keinen | ||||||
05 | Gegenstand antreffe. Denn daß Gegenstände der sinnlichen Anschauung | ||||||
06 | den im Gemüth a priori liegenden formalen Bedingungen der Sinnlichkeit | ||||||
07 | gemäß sein müssen, ist daraus klar, weil sie sonst nicht Gegenstände | ||||||
08 | für uns sein würden; daß sie aber auch überdem den Bedingungen, deren | ||||||
09 | der Verstand zur synthetischen Einheit des Denkens bedarf, gemäß sein | ||||||
10 | müssen, davon ist die Schlußfolge nicht so leicht einzusehen. Denn es | ||||||
11 | könnten wohl allenfalls Erscheinungen so beschaffen sein, daß der Verstand | ||||||
12 | sie den Bedingungen seiner Einheit gar nicht gemäß fände, und alles so | ||||||
13 | in Verwirrung läge, daß z. B. in der Reihenfolge der Erscheinungen sich | ||||||
14 | nichts darböte, was eine Regel der Synthesis an die Hand gäbe und also | ||||||
15 | dem Begriffe der Ursache und Wirkung entspräche, so daß dieser Begriff | ||||||
16 | also ganz leer, nichtig und ohne Bedeutung wäre. Erscheinungen würden | ||||||
17 | nichts destoweniger unserer Anschauung Gegenstände darbieten, denn die | ||||||
18 | Anschauung bedarf der Functionen des Denkens auf keine Weise. | ||||||
19 | Gedächte man sich von der Mühsamkeit dieser Untersuchungen dadurch | ||||||
20 | loszuwickeln, daß man sagte: die Erfahrung böte unablässig Beispiele | ||||||
21 | einer solchen Regelmäßigkeit der Erscheinungen dar, die genugsam | ||||||
22 | Anlaß geben, den Begriff der Ursache davon abzusondern und dadurch zugleich | ||||||
23 | die objective Gültigkeit eines solchen Begriffs zu bewähren, so bemerkt | ||||||
24 | man nicht, daß auf diese Weise der Begriff der Ursache gar nicht | ||||||
25 | entspringen kann, sondern daß er entweder völlig a priori im Verstande | ||||||
26 | müsse gegründet sein, oder als ein bloßes Hirngespinst gänzlich aufgegeben | ||||||
27 | werden müsse. Denn dieser Begriff erfordert durchaus, daß etwas | ||||||
28 | A von der Art sei, daß ein anderes B daraus nothwendig und nach | ||||||
29 | einer schlechthin allgemeinen Regel folge. Erscheinungen geben | ||||||
30 | gar wohl Fälle an die Hand, aus denen eine Regel möglich ist, nach der | ||||||
31 | etwas gewöhnlichermaßen geschieht, aber niemals, daß der Erfolg nothwendig | ||||||
32 | sei: daher der Synthesis der Ursache und Wirkung auch eine | ||||||
33 | Dignität anhängt, die man gar nicht empirisch ausdrücken kann, nämlich | ||||||
34 | daß die Wirkung nicht blos zu der Ursache hinzu komme, sondern durch | ||||||
35 | dieselbe gesetzt sei und aus ihr erfolge. Die strenge Allgemeinheit der | ||||||
36 | Regel ist auch gar keine Eigenschaft empirischer Regeln, die durch Induction | ||||||
37 | keine andere als comparative Allgemeinheit, d. i. ausgebreitete | ||||||
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