Kant: AA IV, Kritik der reinen Vernunft ... , Seite 058

     
           
 

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Text (Kant):

 

 

 

 
  01 müssen. Ein solcher Zusammenhang aber giebt eine Regel an die Hand,      
  02 nach welcher jedem reinen Verstandesbegriff seine Stelle und allen insgesammt      
  03 ihre Vollständigkeit a priori bestimmt werden kann, welches alles      
  04 sonst vom Belieben oder dem Zufall abhängen würde.      
           
  05
Des
     
  06
Transscendentalen Leitfadens der Entdeckung aller
     
  07
reinen Verstandesbegriffe
     
           
  08
Erster Abschnitt.
     
  09
Von dem logischen Verstandesgebrauche überhaupt.
     
           
  10 Der Verstand wurde oben blos negativ erklärt: durch ein nichtsinnliches      
  11 Erkenntnisvermögen. Nun können wir unabhängig von der Sinnlichkeit      
  12 keiner Anschauung theilhaftig werden. Also ist der Verstand kein      
  13 Vermögen der Anschauung. Es giebt aber außer der Anschauung keine      
  14 andere Art zu erkennen, als durch Begriffe. Also ist die Erkenntniß eines      
  15 jeden, wenigstens des menschlichen Verstandes eine Erkenntniß durch Begriffe,      
  16 nicht intuitiv, sondern discursiv. Alle Anschauungen, als sinnlich,      
  17 beruhen auf Affectionen, die Begriffe also auf Functionen. Ich verstehe      
  18 aber unter Function die Einheit der Handlung, verschiedene Vorstellungen      
  19 unter einer gemeinschaftlichen zu ordnen. Begriffe gründen sich also auf      
  20 der Spontaneität des Denkens, wie sinnliche Anschauungen auf der Receptivität      
  21 der Eindrücke. Von diesen Begriffen kann nun der Verstand      
  22 keinen andern Gebrauch machen, als daß er dadurch urtheilt. Da keine      
  23 Vorstellung unmittelbar auf den Gegenstand geht, als blos die Anschauung,      
  24 so wird ein Begriff niemals auf einen Gegenstand unmittelbar, sondern      
  25 auf irgend eine andre Vorstellung von demselben (sie sei Anschauung      
  26 oder selbst schon Begriff) bezogen. Das Urtheil ist also die mittelbare Erkenntniß      
  27 eines Gegenstandes, mithin die Vorstellung einer Vorstellung      
  28 desselben. In jedem Urtheil ist ein Begriff, der für viele gilt und unter      
  29 diesem Vielen auch eine gegebene Vorstellung begreift, welche letztere dann      
  30 auf den Gegenstand unmittelbar bezogen wird. So bezieht sich z. B. in      
  31 dem Urtheile: alle Körper sind theilbar, der Begriff des Theilbaren      
           
     

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