Kant: AA IV, Kritik der reinen Vernunft ... , Seite 032

     
           
 

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Text (Kant):

 

 

 

 
  01 1) der Raum ist kein empirischer Begriff, der von äußeren Erfahrungen      
  02 abgezogen worden. Denn damit gewisse Empfindungen auf etwas      
  03 außer mir bezogen werden (d. i. auf etwas in einem andern Orte des      
  04 Raumes, als darin ich mich befinde), imgleichen damit ich sie als außer      
  05 einander, mithin nicht blos verschieden, sondern als in verschiedenen Orten      
  06 vorstellen könne, dazu muß die Vorstellung des Raumes schon zum Grunde      
  07 liegen. Demnach kann die Vorstellung des Raumes nicht aus den Verhältnissen      
  08 der äußern Erscheinung durch Erfahrung erborgt sein, sondern      
  09 diese äußere Erfahrung ist selbst nur durch gedachte Vorstellung allererst      
  10 möglich.      
           
  11 2) Der Raum ist eine nothwendige Vorstellung a priori, die allen      
  12 äußeren Anschauungen zum Grunde liegt. Man kann sich niemals eine      
  13 Vorstellung davon machen, daß kein Raum sei, ob man sich gleich ganz      
  14 wohl denken kann, daß keine Gegenstände darin angetroffen werden. Er      
  15 wird also als die Bedingung der Möglichkeit der Erscheinungen und nicht      
  16 als eine von ihnen abhängende Bestimmung angesehen und ist eine Vorstellung      
  17 a priori, die nothwendiger weise äußeren Erscheinungen zum      
  18 Grunde liegt.      
           
  19 3) Auf diese Nothwendigkeit a priori gründet sich die apodiktische      
  20 Gewißheit aller geometrischen Grundsätze und die Möglichkeit ihrer Constructionen      
  21 a priori. Wäre nämlich diese Vorstellung des Raums ein      
  22 a posteriori erworbener Begriff, der aus der allgemeinen äußeren Erfahrung      
  23 geschöpft wäre, so würden die ersten Grundsätze der mathematischen      
  24 Bestimmung nichts als Wahrnehmungen sein. Sie hätten also alle Zufälligkeit      
  25 der Wahrnehmung, und es wäre eben nicht nothwendig, daß      
  26 zwischen zwei Punkten nur eine gerade Linie sei, sondern die Erfahrung      
  27 würde es so jederzeit lehren. Was von der Erfahrung entlehnt ist, hat      
  28 auch nur comparative Allgemeinheit, nämlich durch Induction. Man      
  29 würde also nur sagen können: so viel zur Zeit noch bemerkt worden, ist      
  30 kein Raum gefunden worden, der mehr als drei Abmessungen hätte.      
           
  31 4) Der Raum ist kein discursiver oder, wie man sagt, allgemeiner      
  32 Begriff von Verhältnissen der Dinge überhaupt, sondern eine reine Anschauung.      
  33 Denn erstlich kann man sich nur einen einigen Raum vorstellen,      
  34 und wenn man von vielen Räumen redet, so versteht man darunter      
  35 nur Theile eines und desselben alleinigen Raumes. Diese Theile können      
  36 auch nicht vor dem einigen, allbefassenden Raume gleichsam als dessen Bestandtheile      
  37 (daraus seine Zusammensetzung möglich sei) vorhergehen, sondern      
           
     

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