Kant: AA III, Kritik der reinen Vernunft ... , Seite 547

     
           
 

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Text (Kant):

 

 

 

 
  01 nur nach Bedingungen a priori, unter denen sie uns überhaupt gegeben      
  02 werden kann. Es sind aber nur zweierlei Gegenstände derselben: 1. Die      
  03 der äußeren Sinne, mithin der Inbegriff derselben, die körperliche Na/tur.      
  04 2. Der Gegenstand des inneren Sinnes, die Seele, und nach den      
  05 Grundbegriffen derselben überhaupt die denkende Natur. Die Metaphysik      
  06 der körperlichen Natur heißt Physik, aber, weil sie nur die Principien      
  07 ihrer Erkenntniß a priori enthalten soll, rationale Physik. Die      
  08 Metaphysik der denkenden Natur heißt Psychologie, und aus der eben      
  09 angeführten Ursache ist hier nur die rationale Erkenntniß derselben      
  10 zu verstehen.      
           
  11 Demnach besteht das ganze System der Metaphysik aus vier Haupttheilen:      
  12 1. Der Ontologie. 2. Der rationalen Physiologie. 3. Der      
  13 rationalen Kosmologie. 4. Der rationalen Theologie. Der      
  14 zweite Theil, nämlich die Naturlehre der reinen Vernunft, enthält zwei      
  15 Abtheilungen, die physica rationalis *) und psychologia rationalis .      
           
  16 Die ursprüngliche Idee einer Philosophie der reinen Vernunft schreibt      
  17 diese Abtheilung selbst vor; sie ist also architektonisch, ihren wesentlichen      
  18 Zwecken gemäß, und nicht bloß technisch, nach zufällig wahrgenommenen      
  19 Verwandtschaften und gleichsam auf gut Glück angestellt, eben      
  20 darum aber auch unwandelbar und legislatorisch. Es finden sich aber hiebei      
  21 einige Punkte, die Bedenklichkeit erregen und die Überzeugung von      
  22 der Gesetzmäßigkeit derselben schwächen könnten.      
           
  23 Zuerst, wie kann ich eine Erkenntniß a priori, mithin Metaphysik      
  24 von Gegenständen erwarten, so fern sie unseren Sinnen, mithin a posteriori      
  25 gegeben sind? und wie ist es möglich, nach Principien a priori die      
  26 Natur der Dinge zu erkennen und zu einer rationalen Physiologie zu      
  27 gelangen? Die Antwort ist: wir nehmen aus der Erfahrung nichts weiter,      
           
    *) Man denke ja nicht, daß ich hierunter dasjenige verstehe, was man gemeiniglich physica generalis nennt und mehr Mathematik, als Philosophie der Natur ist. Denn die Metaphysik der Natur sondert sich gänzlich von der Mathematik ab, hat auch bei weitem nicht so viel erweiternde Einsichten anzubieten als diese, ist aber doch sehr wichtig in Ansehung der Kritik des auf die Natur anzuwendenden reinen Verstandeserkenntnisses überhaupt; in Ermangelung deren selbst Mathematiker, indem sie gewissen gemeinen, in der That doch metaphysischen Begriffen anhängen, die Naturlehre unvermerkt mit Hypothesen belästigt haben, welche bei einer Kritik dieser Principien verschwinden, ohne dadurch doch dem Gebrauche der Mathematik in diesem Felde (der ganz unentbehrlich ist) im mindesten Abbruch zu thun.      
           
     

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