Kant: AA III, Kritik der reinen Vernunft ... , Seite 543

     
           
 

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Text (Kant):

 

 

 

 
  01 Vernunft zu befördern. Diesen allein müßten wir den Philosophen      
  02 nennen; aber da er selbst doch nirgend, die Idee aber seiner Gesetzgebung      
  03 allenthalben in jeder Menschenvernunft angetroffen wird, so wollen wir      
  04 uns lediglich an der letzteren halten und näher bestimmen, was Philosophie      
  05 nach diesem Weltbegriffe*) für systematische Einheit aus dem Standpunkte      
  06 der Zwecke vorschreibe.      
           
  07 Wesentliche Zwecke sind darum noch nicht die höchsten, deren (bei      
  08 vollkommener systematischer Einheit der Vernunft) nur ein einziger sein      
  09 kann. Daher sind sie entweder der Endzweck, oder subalterne Zwecke, die      
  10 zu jenem als Mittel nothwendig gehören. Der erstere ist kein anderer,      
  11 als die ganze Bestimmung des Menschen, und die Philosophie über dieselbe      
  12 heißt Moral. Um dieses Vorzugs willen, den die Moralphilosophie      
  13 vor aller anderen Vernunftbewerbung hat, verstand man auch bei den Alten      
  14 unter dem Namen des Philosophen jederzeit zugleich und vorzüglich      
  15 den Moralisten; und selbst macht der äußere Schein der Selbstbeherrschung      
  16 durch Vernunft, daß man jemanden noch jetzt bei seinem eingeschränkten      
  17 Wissen nach einer gewissen Analogie Philosoph nennt.      
           
  18 Die Gesetzgebung der menschlichen Vernunft (Philosophie) hat nun      
  19 zwei Gegenstände, Natur und Freiheit, und enthält also sowohl das Naturgesetz,      
  20 als auch das Sittengesetz, anfangs in zwei besonderen, zuletzt      
  21 aber in einem einzigen philosophischen System. Die Philosophie der      
  22 Natur geht auf alles, was da ist, die der Sitten nur auf das, was da      
  23 sein soll.      
           
  24 Alle Philosophie aber ist entweder Erkenntniß aus reiner Vernunft,      
  25 oder Vernunfterkenntniß aus empirischen Principien. Die erstere heißt      
  26 reine, die zweite empirische Philosophie.      
           
  27 Die Philosophie der reinen Vernunft ist nun entweder Propädeutik      
  28 (Vorübung), welche das Vermögen der Vernunft in Ansehung aller reinen      
  29 Erkenntniß a priori untersucht, und heißt Kritik, oder zweitens das      
  30 System der reinen Vernunft (Wissenschaft), die ganze (wahre sowohl als      
           
    *) Weltbegriff heißt hier derjenige, der das betrifft, was jedermann nothwendig interessirt; mithin bestimme ich die Absicht einer Wissenschaft nach Schulbegriffen, wenn sie nur als eine von den Geschicklichkeiten zu gewissen beliebigen Zwecken angesehen wird.      
           
     

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