Kant: AA III, Kritik der reinen Vernunft ... , Seite 522

     
           
 

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Text (Kant):

 

 

 

 
  01 daß die transscendentale Freiheit eine Unabhängigkeit dieser Vernunft      
  02 selbst (in Ansehung ihrer Causalität, eine Reihe von Erscheinungen anzufangen)      
  03 von allen bestimmenden Ursachen der Sinnenwelt fordert und so      
  04 fern dem Naturgesetze, mithin aller möglichen Erfahrung zuwider zu sein      
  05 scheint und also ein Problem bleibt. Allein für die Vernunft im praktischen      
  06 Gebrauche gehört dieses Problem nicht, also haben wir es in einem      
  07 Kanon der reinen Vernunft nur mit zwei Fragen zu thun, die das praktische      
  08 Interesse der reinen Vernunft angehen, und in Ansehung deren ein      
  09 Kanon ihres Gebrauchs möglich sein muß, nämlich: ist ein Gott? Ist ein      
  10 künftiges Leben? Die Frage wegen der transscendentalen Freiheit betrifft      
  11 bloß das speculative Wissen, welche wir als ganz gleichgültig bei      
  12 Seite setzen können, wenn es um das Praktische zu thun ist, und worüber      
  13 in der Antinomie der reinen Vernunft schon hinreichende Erörterung zu      
  14 finden ist.      
           
  15

Des Kanons der reinen Vernunft

     
           
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Zweiter Abschnitt.

     
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Von dem Ideal des höchsten Guts, als einem

     
  18

Bestimmungsgrunde des letzten Zwecks der reinen Vernunft.

     
           
  19 Die Vernunft führte uns in ihrem speculativen Gebrauche durch das      
  20 Feld der Erfahrungen und, weil daselbst für sie niemals völlige Befriedigung      
  21 anzutreffen ist, von da zu speculativen Ideen, die uns aber am Ende      
  22 wiederum auf Erfahrung zurückführten, und also ihre Absicht auf eine      
  23 zwar nützliche, aber unserer Erwartung gar nicht gemäße Art erfüllten.      
  24 Nun bleibt uns noch ein Versuch übrig: ob nämlich auch reine Vernunft      
  25 im praktischen Gebrauche anzutreffen sei, ob sie in demselben zu den Ideen      
  26 führe, welche die höchsten Zwecke der reinen Vernunft, die wir eben angeführt      
  27 haben, erreichen, und diese also aus dem Gesichtspunkte ihres praktischen      
  28 Interesse nicht dasjenige gewähren könne, was sie uns in Ansehung      
  29 des speculativen ganz und gar abschlägt.      
           
  30 Alles Interesse meiner Vernunft (das speculative sowohl, als das      
  31 praktische) vereinigt sich in folgenden drei Fragen:      
           
  32 1. Was kann ich wissen?      
  33 2. Was soll ich thun?      
  34 3. Was darf ich hoffen?      
           
           
     

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