Kant: AA III, Kritik der reinen Vernunft ... , Seite 440

     
           
 

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Text (Kant):

 

 

 

 
  01 für die durchgängige systematische Einheit aller Verstandesbegriffe kein      
  02 Schema in der Anschauung ausfindig gemacht werden kann, so kann      
  03 und muß doch ein Analogon eines solchen Schema gegeben werden, welches      
  04 die Idee des Maximum der Abtheilung und der Vereinigung der      
  05 Verstandeserkenntniß in einem Princip ist. Denn das Größte und Absolutvollständige      
  06 läßt sich bestimmt gedenken, weil alle restringirende Bedingungen,      
  07 welche unbestimmte Mannigfaltigkeit geben, weggelassen werden.      
  08 Also ist die Idee der Vernunft ein Analogon von einem Schema      
  09 der Sinnlichkeit, aber mit dem Unterschiede, daß die Anwendung der Verstandesbegriffe      
  10 auf das Schema der Vernunft nicht eben so eine Erkenntniß      
  11 des Gegenstandes selbst ist (wie bei der Anwendung der Kategorien      
  12 auf ihre sinnliche Schemate), sondern nur eine Regel oder Princip der      
  13 systematischen Einheit alles Verstandesgebrauchs. Da nun jeder Grundsatz,      
  14 der dem Verstande durchgängige Einheit seines Gebrauchs a priori      
  15 festsetzt, auch, obzwar nur indirect, von dem Gegenstande der Erfahrung      
  16 gilt: so werden die Grundsätze der reinen Vernunft auch in Ansehung      
  17 dieses letzteren objective Realität haben; allein nicht um etwas an ihnen      
  18 zu bestimmen, sondern nur um das Verfahren anzuzeigen, nach welchem      
  19 der empirische und bestimmte Erfahrungsgebrauch des Verstandes      
  20 mit sich selbst durchgängig zusammenstimmend werden kann, dadurch      
  21 daß er mit dem Princip der durchgängigen Einheit so viel als möglich      
  22 in Zusammenhang gebracht und davon abgeleitet wird.      
           
  23 Ich nenne alle subjective Grundsätze, die nicht von der Beschaffenheit      
  24 des Objects, sondern dem Interesse der Vernunft in Ansehung einer gewissen      
  25 möglichen Vollkommenheit der Erkenntniß dieses Objects hergenommen      
  26 sind, Maximen der Vernunft. So giebt es Maximen der speculativen      
  27 Vernunft, die lediglich auf dem speculativen Interesse derselben      
  28 beruhen, ob es zwar scheinen mag, sie wären objective Principien.      
           
  29 Wenn bloß regulative Grundsätze als constitutiv betrachtet werden,      
  30 so können sie als objective Principien widerstreitend sein; betrachtet man      
  31 sie aber bloß als Maximen, so ist kein wahrer Widerstreit, sondern bloß      
  32 ein verschiedenes Interesse der Vernunft, welches die Trennung der Denkungsart      
  33 verursacht. In der That hat die Vernunft nur ein einiges Interesse,      
  34 und der Streit ihrer Maximen ist nur eine Verschiedenheit und      
  35 wechselseitige Einschränkung der Methoden, diesem Interesse ein Genüge      
  36 zu thun.      
           
  37 Auf solche Weise vermag bei diesem Vernünftler mehr das Interesse      
           
     

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