Kant: AA III, Kritik der reinen Vernunft ... , Seite 414 |
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01 | nennen. Sollte dieser auch unmöglich sein, so ist überall kein genugthuender | ||||||
02 | Beweis aus bloß speculativer Vernunft für das Dasein eines Wesens, | ||||||
03 | welches unserer transscendentalen Idee entspräche, möglich. | ||||||
04 | Man wird nach allen obigen Bemerkungen bald einsehen, daß der | ||||||
05 | Bescheid auf diese Nachfrage ganz leicht und bündig erwartet werden | ||||||
06 | könne. Denn wie kann jemals Erfahrung gegeben werden, die einer Idee | ||||||
07 | angemessen sein sollte? Darin besteht eben das Eigenthümliche der | ||||||
08 | letzteren, daß ihr niemals irgend eine Erfahrung congruiren könne. Die | ||||||
09 | transscendentale Idee von einem nothwendigen allgenugsamen Urwesen | ||||||
10 | ist so überschwenglich groß, so hoch über alles Empirische, das jederzeit | ||||||
11 | bedingt ist, erhaben, daß man theils niemals Stoff genug in der Erfahrung | ||||||
12 | auftreiben kann, um einen solchen Begriff zu füllen, theils immer | ||||||
13 | unter dem Bedingten herumtappt und stets vergeblich nach dem Unbedingten, | ||||||
14 | wovon uns kein Gesetz irgend einer empirischen Synthesis ein | ||||||
15 | Beispiel oder dazu die mindeste Leitung giebt, suchen wird. | ||||||
16 | Würde das höchste Wesen in dieser Kette der Bedingungen stehen, | ||||||
17 | so würde es selbst ein Glied der Reihe derselben sein und eben so, wie die | ||||||
18 | niederen Glieder, denen es vorgesetzt ist, noch fernere Untersuchung wegen | ||||||
19 | seines noch höheren Grundes erfordern. Will man es dagegen von dieser | ||||||
20 | Kette trennen und als ein bloß intelligibeles Wesen nicht in der Reihe der | ||||||
21 | Naturursachen mitbegreifen: welche Brücke kann die Vernunft alsdann | ||||||
22 | wohl schlagen, um zu demselben zu gelangen, da alle Gesetze des Überganges | ||||||
23 | von Wirkungen zu Ursachen, ja alle Synthesis und Erweiterung | ||||||
24 | unserer Erkenntniß überhaupt auf nichts anderes als mögliche Erfahrung, | ||||||
25 | mithin bloß auf Gegenstände der Sinnenwelt gestellt sind und nur in | ||||||
26 | Ansehung ihrer eine Bedeutung haben können? | ||||||
27 | Die gegenwärtige Welt eröffnet uns einen so unermeßlichen Schauplatz | ||||||
28 | von Mannigfaltigkeit, Ordnung, Zweckmäßigkeit und Schönheit, man | ||||||
29 | mag diese nun in der Unendlichkeit des Raumes, oder in der unbegrenzten | ||||||
30 | Theilung desselben verfolgen, daß selbst nach den Kenntnissen, welche unser | ||||||
31 | schwacher Verstand davon hat erwerben können, alle Sprache über so viele | ||||||
32 | und unabsehlich große Wunder ihren nachdruck, alle Zahlen ihre Kraft | ||||||
33 | zu messen und selbst unsere Gedanken alle Begrenzung vermissen, so daß | ||||||
34 | sich unser Urtheil vom Ganzen in ein sprachloses, aber desto beredteres | ||||||
35 | Erstaunen auflösen muß. Allerwärts sehen wir eine Kette von Wirkungen | ||||||
36 | und Ursachen, von Zwecken und den Mitteln, Regelmäßigkeit im Entstehen | ||||||
37 | oder Vergehen; und indem nichts von selbst in den Zustand getreten ist, | ||||||
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