Kant: AA III, Kritik der reinen Vernunft ... , Seite 413 |
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01 | Ursache entspränge, um darauf die Regel einer systematischen und | ||||||
02 | nach allgemeinen Gesetzen nothwendigen Einheit in der Erklärung derselben | ||||||
03 | zu gründen, und ist nicht eine Behauptung einer an sich nothwendigen | ||||||
04 | Existenz. Es ist aber zugleich unvermeidlich, sich vermittelst einer transscendentalen | ||||||
05 | Subreption dieses formale Princip als constitutiv vorzustellen | ||||||
06 | und sich diese Einheit hypostatisch zu denken. Denn so wie der Raum, weil | ||||||
07 | er alle Gestalten, die lediglich verschiedene Einschränkungen desselben sind, | ||||||
08 | ursprünglich möglich macht, ob er gleich nur ein Principium der Sinnlichkeit | ||||||
09 | ist, dennoch eben darum für ein schlechterdings nothwendiges für sich | ||||||
10 | bestehendes Etwas und einen a priori an sich selbst gegebenen Gegenstand | ||||||
11 | gehalten wird: so geht es auch ganz natürlich zu, daß, da die systematische | ||||||
12 | Einheit der Natur auf keinerlei Weise zum Princip des empirischen Gebrauchs | ||||||
13 | unserer Vernunft aufgestellt werden kann, als so fern wir die Idee | ||||||
14 | eines allerrealsten Wesens als der obersten Ursache zum Grunde legen, diese | ||||||
15 | Idee dadurch als ein wirklicher Gegenstand und dieser wiederum, weil er | ||||||
16 | die oberste Bedingung ist, als nothwendig vorgestellt, mithin ein regulatives | ||||||
17 | Princip in ein constitutives verwandelt werde; welche Unterschiebung | ||||||
18 | sich dadurch offenbart, daß, wenn ich nun dieses oberste Wesen, | ||||||
19 | welches respectiv auf die Welt schlechthin (unbedingt) nothwendig war, | ||||||
20 | als Ding für sich betrachte, diese Nothwendigkeit keines Begriffs fähig ist | ||||||
21 | und also nur als formale Bedingung des Denkens, nicht aber als materiale | ||||||
22 | und hypostatische Bedingung des Daseins in meiner Vernunft anzutreffen | ||||||
23 | gewesen sein müsse. | ||||||
24 | Des dritten Hauptstücks |
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25 | Sechster Abschnitt. |
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26 | Von der Unmöglichkeit des physikotheologischen Beweises. |
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27 | Wenn denn weder der Begriff von Dingen überhaupt, noch die Erfahrung | ||||||
28 | von irgend einem Dasein überhaupt das, was gefordert wird, | ||||||
29 | leisten kann, so bleibt noch ein Mittel übrig: zu versuchen, ob nicht eine | ||||||
30 | bestimmte Erfahrung, mithin die der Dinge der gegenwärtigen Welt, | ||||||
31 | ihre Beschaffenheit und Anordnung, einen Beweisgrund abgebe, der uns | ||||||
32 | sicher zur Überzeugung von dem Dasein eines höchsten Wesens verhelfen | ||||||
33 | könne. Einen solchen Beweis würden wir den physikotheologischen | ||||||
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