Kant: AA III, Kritik der reinen Vernunft ... , Seite 382 |
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01 | beruht. Dergleichen transscendente Ideen haben einen bloß intelligibelen | ||||||
02 | Gegenstand, welchen als ein transscendentales Object, von dem man übrigens | ||||||
03 | nichts weiß, zuzulassen, allerdings erlaubt ist, wozu aber, um es als | ||||||
04 | ein durch seine unterscheidende und innere Prädicate bestimmbares Ding | ||||||
05 | zu denken, wir weder Gründe der Möglichkeit (als unabhängig von allen | ||||||
06 | Erfahrungsbegriffen), noch die mindeste Rechtfertigung, einen solchen Gegenstand | ||||||
07 | anzunehmen, auf unserer Seite haben, und welches daher ein | ||||||
08 | bloßes Gedankending ist. Gleichwohl dringt uns unter allen kosmologischen | ||||||
09 | Ideen diejenige, so die vierte Antinomie veranlaßte, diesen Schritt | ||||||
10 | zu wagen. Denn das in sich selbst ganz und gar nicht gegründete, sondern | ||||||
11 | stets bedingte Dasein der Erscheinungen fordert uns auf: uns nach | ||||||
12 | etwas von allen Erscheinungen Unterschiedenem, mithin einem intelligibelen | ||||||
13 | Gegenstande umzusehen, bei welchem diese Zufälligkeit aufhöre. | ||||||
14 | Weil aber, wenn wir uns einmal die Erlaubniß genommen haben, außer | ||||||
15 | dem Felde der gesammten Sinnlichkeit eine für sich bestehende Wirklichkeit | ||||||
16 | anzunehmen, Erscheinungen nur als zufällige Vorstellungsarten intelligibeler | ||||||
17 | Gegenstände von solchen Wesen, die selbst Intelligenzen sind, anzusehen | ||||||
18 | sind: so bleibt uns nichts anders übrig als die Analogie, nach der | ||||||
19 | wir die Erfahrungsbegriffe nutzen, um uns von intelligibelen Dingen, von | ||||||
20 | denen wir an sich nicht die mindeste Kenntniß haben, doch irgend einigen | ||||||
21 | Begriff zu machen. weil wir das Zufällige nicht anders als durch Erfahrung | ||||||
22 | kennen lernen, hier aber von Dingen, die gar nicht Gegenstände | ||||||
23 | der Erfahrung sein sollen, die Rede ist, so werden wir ihre Kenntniß aus | ||||||
24 | dem, was an sich nothwendig ist, aus reinen Begriffen von Dingen überhaupt, | ||||||
25 | ableiten müssen. Daher nöthigt uns der erste Schritt, den wir | ||||||
26 | außer der Sinnenwelt thun, unsere neue Kenntnisse von der Untersuchung | ||||||
27 | des schlechthin nothwendigen Wesens anzufangen und von den Begriffen | ||||||
28 | desselben die Begriffe von allen Dingen, so fern sie bloß intelligibel sind, | ||||||
29 | abzuleiten; und diesen Versuch wollen wir in dem folgenden Hauptstücke | ||||||
30 | anstellen. | ||||||
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