Kant: AA III, Kritik der reinen Vernunft ... , Seite 381 |
|||||||
Zeile:
|
Text (Kant):
|
|
|
||||
01 | jedesmalige Bedingung zu jedem Bedingten (dem Dasein nach) sinnlich und | ||||||
02 | eben darum zur Reihe gehörig, so ist sie selbst wiederum bedingt (wie die | ||||||
03 | Antithesis der vierten Antinomie es ausweiset). Es mußte also entweder | ||||||
04 | ein Widerstreit mit der Vernunft, die das Unbedingte fordert, bleiben, | ||||||
05 | oder dieses außer der Reihe, in dem Intelligibelen gesetzt werden, dessen | ||||||
06 | Nothwendigkeit keine empirische Bedingung erfordert noch verstattet und | ||||||
07 | also respective auf Erscheinungen unbedingt nothwendig ist. | ||||||
08 | Der empirische Gebrauch der Vernunft (in Ansehung der Bedingungen | ||||||
09 | des Daseins in der Sinnenwelt) wird durch die Einräumung eines | ||||||
10 | bloß intelligibelen Wesens nicht afficirt, sondern geht nach dem Princip | ||||||
11 | der durchgängigen Zufälligkeit von empirischen Bedingungen zu höheren, | ||||||
12 | die immer eben sowohl empirisch sind. Eben so wenig schließt aber auch | ||||||
13 | dieser regulative Grundsatz die Annehmung einer intelligibelen Ursache, | ||||||
14 | die nicht in der Reihe ist, aus, wenn es um den reinen Gebrauch der Vernunft | ||||||
15 | (in Ansehung der Zwecke) zu thun ist. Denn da bedeutet jene nur | ||||||
16 | den für uns bloß transscendentalen und unbekannten Grund der Möglichkeit | ||||||
17 | der sinnlichen Reihe überhaupt, dessen von allen Bedingungen der | ||||||
18 | letzteren unabhängiges und in Ansehung dieser unbedingt nothwendiges | ||||||
19 | Dasein der unbegrenzten Zufälligkeit der ersteren und darum auch dem | ||||||
20 | nirgend geendigten Regressus in der Reihe empirischer Bedingungen gar | ||||||
21 | nicht entgegen ist. | ||||||
22 | Schlußanmerkung |
||||||
23 | zur ganzen Antinomie der reinen Vernunft. |
||||||
24 | So lange wir mit unseren Vernunftbegriffen bloß die Totalität der | ||||||
25 | Bedingungen in der Sinnenwelt, und was in Ansehung ihrer der Vernunft | ||||||
26 | zu Diensten geschehen kann, zum Gegenstande haben: so sind unsere | ||||||
27 | Ideen zwar transscendental, aber doch kosmologisch. So bald wir aber | ||||||
28 | das Unbedingte (um das es doch eigentlich zu thun ist) in demjenigen | ||||||
29 | setzen, was ganz außerhalb der Sinnenwelt, mithin außer aller möglichen | ||||||
30 | Erfahrung ist, so werden die Ideen transscendent: sie dienen nicht | ||||||
31 | bloß zur Vollendung des empirischen Vernunftgebrauchs (die immer eine | ||||||
32 | nie auszuführende, aber dennoch zu befolgende Idee bleibt), sondern sie | ||||||
33 | trennen sich davon gänzlich und machen sich selbst Gegenstände, deren Stoff | ||||||
34 | nicht aus Erfahrung genommen, deren objective Realität auch nicht auf | ||||||
35 | der Vollendung der empirischen Reihe, sondern auf reinen Begriffen a priori | ||||||
[ Seite 380 ] [ Seite 382 ] [ Inhaltsverzeichnis ] |