Kant: AA III, Kritik der reinen Vernunft ... , Seite 244

     
           
 

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Text (Kant):

 

 

 

 
  01 sein, welche wir jetzt aus ihren Quellen, die tief in der menschlichen Vernunft      
  02 verborgen sind, entwickeln wollen. Wir werden sie in zwei Hauptstücke      
  03 theilen, deren ersteres von den transscendenten Begriffen der      
  04 reinen Vernunft, das zweite von transscendenten und dialektischen      
  05 Vernunftschlüssen derselben handeln soll.      
           
  06

Der

     
  07

Transscendentalen Dialektik

     
           
  08

Erstes Buch.

     
  09

Von den Begriffen der reinen Vernunft.

     
           
  10 Was es auch mit der Möglichkeit der Begriffe aus reiner Vernunft      
  11 für eine Bewandtniß haben mag: so sind sie doch nicht bloß reflectirte,      
  12 sondern geschlossene Begriffe. Verstandesbegriffe werden auch a priori,      
  13 vor der Erfahrung und zum Behuf derselben, gedacht; aber sie enthalten      
  14 nichts weiter, als die Einheit der Reflexion über die Erscheinungen, in      
  15 so fern sie nothwendig zu einem möglichen empirischen Bewußtsein gehören      
  16 sollen. Durch sie allein wird Erkenntniß und Bestimmung eines Gegenstandes      
  17 möglich. Sie geben also zuerst Stoff zum Schließen, und vor      
  18 ihnen gehen keine Begriffe a priori von Gegenständen vorher, aus denen      
  19 sie könnten geschlossen werden. Dagegen gründet sich ihre objective Realität      
  20 doch lediglich darauf: daß, weil sie die intellectuelle Form aller Erfahrung      
  21 ausmachen, ihre Anwendung jederzeit in der Erfahrung muß gezeigt      
  22 werden können.      
           
  23 Die Benennung eines Vernunftbegriffs aber zeigt schon vorläufig:      
  24 daß er sich nicht innerhalb der Erfahrung wolle beschränken lassen, weil      
  25 er eine Erkenntniß betrifft, von der jede empirische nur ein Theil ist (vielleicht      
  26 das Ganze der möglichen Erfahrung oder ihrer empirischen Synthesis),      
  27 bis dahin zwar keine wirkliche Erfahrung jemals völlig zureicht,      
  28 aber doch jederzeit dazu gehörig ist. Vernunftbegriffe dienen zum Begreifen,      
  29 wie Verstandesbegriffe zum Verstehen (der Wahrnehmungen).      
  30 Wenn sie das Unbedingte enthalten, so betreffen sie etwas, worunter alle      
  31 Erfahrung gehört, welches selbst aber niemals ein Gegenstand der Erfahrung      
  32 ist: etwas, worauf die Vernunft in ihren Schlüssen aus der Erfahrung      
  33 führt, und wornach sie den Grad ihres empirischen Gebrauchs schätzt und      
           
     

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