Kant: AA III, Kritik der reinen Vernunft ... , Seite 090

     
           
 

Zeile:

 

Text (Kant):

 

 

 

 
  01 das hypothetische Urtheil ausmacht ( antec. und consequ. ), imgleichen in      
  02 deren Wechselwirkung das disjunctive besteht (Glieder der Eintheilung),      
  03 insgesammt nur problematisch. In dem obigen Beispiel wird der Satz:      
  04 es ist eine vollkommene Gerechtigkeit da, nicht assertorisch gesagt, sondern      
  05 nur als ein beliebiges Urtheil, wovon es möglich ist, daß jemand es annehme,      
  06 gedacht; und nur die Consequenz ist assertorisch. Daher können      
  07 solche Urtheile auch offenbar falsch sein und doch, problematisch genommen,      
  08 Bedingungen der Erkenntniß der Wahrheit sein. So ist das Urtheil: die      
  09 Welt ist durch blinden Zufall da, in dem disjunctiven Urtheil nur      
  10 von problematischer Bedeutung, nämlich daß jemand diesen Satz etwa auf      
  11 einen Augenblick annehmen möge, und dient doch (wie die Verzeichnung      
  12 des falschen Weges unter der Zahl aller derer, die man nehmen kann),      
  13 den wahren zu finden. Der problematische Satz ist also derjenige, der nur      
  14 logische Möglichkeit (die nicht objectiv ist) ausdrückt, d. i. eine freie Wahl      
  15 einen solchen Satz gelten zu lassen, eine bloß willkürliche Aufnehmung      
  16 desselben in den Verstand. Der assertorische sagt von logischer Wirklichkeit      
  17 oder Wahrheit, wie etwa in einem hypothetischen Vernunftschluß das      
  18 Antecedens im Obersatze problematisch, im Untersatze assertorisch vorkommt,      
  19 und zeigt an, daß der Satz mit dem Verstande nach dessen Gesetzen      
  20 schon verbunden sei. Der apodiktische Satz denkt sich den assertorischen      
  21 durch diese Gesetze des Verstandes selbst bestimmt und daher a priori behauptend      
  22 und drückt auf solche Weise logische Nothwendigkeit aus. Weil      
  23 nun hier alles sich gradweise dem Verstande einverleibt, so daß man zuvor      
  24 etwas problematisch urtheilt, darauf auch wohl es assertorisch als wahr      
  25 annimmt, endlich als unzertrennlich mit dem Verstande verbunden, d. i.      
  26 als nothwendig und apodiktisch, behauptet, so kann man diese drei Functionen      
  27 der Modalität auch so viel Momente des Denkens überhaupt nennen.      
           
  28
Des
     
  29
Leitfadens der Entdeckung aller reinen Verstandesbegriffe
     
           
  30
Dritter Abschnitt.
     
  31
§ 10.
     
  32
Von den reinen Verstandesbegriffen oder Kategorien.
     
           
  33 Die allgemeine Logik abstrahirt, wie mehrmals schon gesagt worden,      
  34 von allem Inhalt der Erkenntniß und erwartet, daß ihr anderwärts, woher      
           
     

[ Seite 089 ] [ Seite 091 ] [ Inhaltsverzeichnis ]