Kant: AA II, Von den verschiedenen Racen ... , Seite 443 |
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| 01 | wie der indische Charakter in Persien und Arabien nicht habe Wurzel | ||||||
| 02 | fassen können, die damals noch zum Bassin eines Meeres dienten, als | ||||||
| 03 | Hindistan vermuthlich lange bevölkert war; ingleichen, wie sich die Negerrace | ||||||
| 04 | sowohl, als die indische unvermengt von nordischem Blute lange Zeit | ||||||
| 05 | erhalten konnte, weil sie davon durch eben dieses Meer abgeschnitten war. | ||||||
| 06 | Die Naturbeschreibung (Zustand der Natur in der jetzigen Zeit) ist lange | ||||||
| 07 | nicht hinreichend, von der Mannigfaltigkeit der Abartungen Grund anzugeben. | ||||||
| 08 | Man muß, so sehr man auch und zwar mit Recht der Frechheit | ||||||
| 09 | der Meinungen feind ist, eine Geschichte der Natur wagen, welche eine | ||||||
| 10 | abgesonderte Wissenschaft ist, die wohl nach und nach von Meinungen zu | ||||||
| 11 | Einsichten fortrücken könnte. | ||||||
| 12 | Die physische Geographie, die ich hiedurch ankündige, gehört zu einer Idee, | ||||||
| 13 | welche ich mir von einem nützlichen akademischen Unterricht mache, den ich die | ||||||
| 14 | Vorübung in der Kenntniß der Welt nennen kann. Diese Weltkenntniß ist | ||||||
| 15 | es, welche dazu dient, allen sonst erworbenen Wissenschaften und Geschicklichkeiten | ||||||
| 16 | das Pragmatische zu verschaffen, dadurch sie nicht bloß für die Schule, | ||||||
| 17 | sondern für das Leben brauchbar werden, und wodurch der fertig gewordene | ||||||
| 18 | Lehrling auf den Schauplatz seiner Bestimmung, nämlich in die Welt, eingeführt | ||||||
| 19 | wird. Hier liegt ein zwiefaches Feld vor ihm, wovon er einen vorläufigen | ||||||
| 20 | Abriß nöthig hat, um alle künftige Erfahrungen darin nach Regeln ordnen zu | ||||||
| 21 | können: nämlich die Natur und der Mensch. Seine Stücke aber müssen darin | ||||||
| 22 | kosmologisch erwogen werden, nämlich nicht nach demjenigen, was ihre Gegenstände | ||||||
| 23 | im einzelnen Merkwürdiges enthalten (Physik und empirische Seelenlehre), | ||||||
| 24 | sondern was ihr Verhältniß im Ganzen, worin sie stehen und darin ein | ||||||
| 25 | jeder selbst seine Stelle einnimmt, uns anzumerken giebt. Die erstere Unterweisung | ||||||
| 26 | nenne ich physische Geographie und habe sie zur Sommervorlesung | ||||||
| 27 | bestimmt, die zweite Anthropologie, die ich für den Winter aufbehalte. Die | ||||||
| 28 | übrige Vorlesungen dieses halben Jahres sind schon gehöriges Orts öffentlich | ||||||
| 29 | angezeigt worden. | ||||||
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