| Kant: AA II, M. Immanuel Kants Nachricht ... , Seite 310 | |||||||
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| 01 | das Interessante annehmlich und durch die häufige Fälle der Anwendung | ||||||
| 02 | im Leben brauchbar wäre; da im Gegentheil, wenn die Ontologie, eine | ||||||
| 03 | schwer zu fassende Wissenschaft, ihn von der Fortsetzung abgeschreckt hätte, | ||||||
| 04 | das, was er etwa möchte begriffen haben, ihm zu gar nichts weiterhin | ||||||
| 05 | nutzen kann. | ||||||
| 06 | 2. Logik. Von dieser Wissenschaft sind eigentlich zwei Gattungen. | ||||||
| 07 | Die von der ersten ist eine Kritik und Vorschrift des gesunden Verstandes, | ||||||
| 08 | so wie derselbe einerseits an die grobe Begriffe und die Unwissenheit, | ||||||
| 09 | andererseits aber an die Wissenschaft und Gelehrsamkeit angrenzt. | ||||||
| 10 | Die Logik von dieser Art ist es, welche man im Anfange der akademischen | ||||||
| 11 | Unterweisung aller Philosophie voranschicken soll, gleichsam die | ||||||
| 12 | Quarantaine (wofern es mir erlaubt ist mich also auszudrücken), welche | ||||||
| 13 | der Lehrling halten muß, der aus dem Lande des Vorurtheils und des | ||||||
| 14 | Irrthums in das Gebiet der aufgeklärteren Vernunft und der Wissenschaften | ||||||
| 15 | übergehen will. Die zweite Gattung von Logik ist die Kritik und | ||||||
| 16 | Vorschrift der eigentlichen Gelehrsamkeit und kann niemals anders | ||||||
| 17 | als nach den Wissenschaften, deren Organon sie sein soll, abgehandelt | ||||||
| 18 | werden, damit das Verfahren regelmäßiger werde, welches man bei der | ||||||
| 19 | Ausübung gebraucht hat, und die Natur der Disciplin zusammt den Mitteln | ||||||
| 20 | ihrer Verbesserung eingesehen werde. Auf solche Weise füge ich zu | ||||||
| 21 | Ende der Metaphysik eine Betrachtung über die eigenthümliche Methode | ||||||
| 22 | derselben bei, als ein Organon dieser Wissenschaft, welches im Anfange | ||||||
| 23 | derselben nicht an seiner rechten Stelle sein würde, indem es unmöglich | ||||||
| 24 | ist die Regeln deutlich zu machen, wenn noch keine Beispiele bei der Hand | ||||||
| 25 | sind, an welchen man sie in concreto zeigen kann. Der Lehrer muß freilich | ||||||
| 26 | das Organon vorher inne haben, ehe er die Wissenschaft vorträgt, damit | ||||||
| 27 | er sich selbst darnach richte, aber dem Zuhörer muß er es niemals anders | ||||||
| 28 | als zuletzt vortragen. Die Kritik und Vorschrift der gesammten Weltweisheit | ||||||
| 29 | als eines Ganzen, diese vollständige Logik, kann also ihren Platz | ||||||
| 30 | bei der Unterweisung nur am Ende der gesammten Philosophie haben, | ||||||
| 31 | da die schon erworbene Kenntnisse derselben und die Geschichte der menschlichen | ||||||
| 32 | Meinungen es einzig und allein möglich machen, Betrachtungen | ||||||
| 33 | über den Ursprung ihrer Einsichten sowohl, als ihrer Irrthümer anzustellen | ||||||
| 34 | und den genauen Grundriß zu entwerfen, nach welchem ein solches | ||||||
| 35 | Gebäude der Vernunft dauerhaft und regelmäßig soll aufgeführt werden. | ||||||
| 36 | Ich werde die Logik von der ersten Art vortragen und zwar nach dem | ||||||
| 37 | Handbuche des Hrn. Prof. Meier, weil dieser die Grenzen der jetzt gedachten | ||||||
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