Kant: AA II, Der einzig mögliche ... , Seite 123

     
           
 

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Text (Kant):

 

 

 

 
  01 ein Werkmeister und nicht als ein Schöpfer der Welt, der zwar die Materie      
  02 geordnet und geformt, nicht aber hervorgebracht und erschaffen hat,      
  03 angesehen werde. Da ich diese Unzulänglichkeit in der nächsten Betrachtung      
  04 erwägen werde, so begnüge ich mich sie hier nur angemerkt zu haben.      
           
  05 Übrigens bleibt die gedachte Methode jederzeit eine derjenigen, die      
  06 sowohl der Würde als auch der Schwäche des menschlichen Verstandes am      
  07 meisten gemäß sind. Es sind in der That unzählbare Anordnungen in der      
  08 Natur, deren nächster Grund eine Endabsicht ihres Urhebers sein muß,      
  09 und es ist der leichteste Weg, der auf ihn führt, wenn man diejenige Anstalten      
  10 erwägt, die seiner Weisheit unmittelbar untergeordnet sind. Daher      
  11 ist es billig seine Bemühungen vielmehr darauf zu wenden sie zu ergänzen      
  12 als anzufechten, ihre Fehler zu verbessern als sie um deswillen geringschätzig      
  13 zu halten. Die folgende Betrachtung soll sich mit dieser Absicht      
  14 beschäftigen.      
           
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Sechste Betrachtung.

     
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Verbesserte Methode der Physikotheologie.

     
           
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1.
     
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Ordnung und Anständigkeit, wenn sie gleich nothwendig ist,
     
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bezeichnet einen verständigen Urheber.
     
           
  20 Es kann nichts dem Gedanken von einem göttlichen Urheber des      
  21 Universum nachtheiliger und zugleich unvernünftiger sein, als wenn man      
  22 bereit ist eine große und fruchtbare Regel der Anständigkeit, Nutzbarkeit      
  23 und Übereinstimmung dem ungefähren Zufall beizumessen; dergleichen      
  24 das Clinamen der Atomen in dem Lehrgebäude des Demokritus und      
  25 Epikurs war. Ohne daß ich mich bei der Ungereimtheit und vorsetzlichen      
  26 Verblendung dieser Art zu urtheilen verweile, da sie genugsam von andern      
  27 ist augenscheinlich gemacht worden, so bemerke ich dagegen: daß die      
  28 wahrgenommene Nothwendigkeit in Beziehung der Dinge auf regelmäßige      
  29 Verknüpfungen und der Zusammenhang nützlicher Gesetze mit einer nothwendigen      
  30 Einheit eben sowohl als die zufälligste und willkürlichste Anstalt      
  31 einen Beweisthum von einem weisen Urheber abgebe; obgleich die Abhängigkeit      
  32 von ihm in diesem Gesichtspunkte auf andere Art muß vorgestellt      
  33 werden. Um dieses gehörig einzusehen, so merke ich an: daß die      
  34 Ordnung und vielfältige vortheilhafte Zusammenstimmung überhaupt      
           
     

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