Kant: AA II, Die falsche Spitzfindigkeit der ... , Seite 054

     
           
 

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Text (Kant):

 

 

 

 
  01 Kein Dummer ist gelehrt;      
  02 Folgl. kein Gelehrter ist dumm.      
  03 Einige Gelehrte sind fromm;      
  04 Folgl. einige Fromme sind gelehrt;      
  05 Also einige Fromme sind nicht dumm.      
  06 Es sei ein Syllogismus von der zweiten Art:      
  07 Ein jeder Geist ist einfach;      
  08 Alles Einfache ist unverweslich;      
  09 Also einiges Unverwesliche ist ein Geist.      
           
  10 Hier leuchtet deutlich in die Augen, daß das Schlußurtheil, so wie es      
  11 da steht, aus den Vordersätzen gar nicht fließen könne. Man vernimmt      
  12 dieses gleich, so bald man den mittlern Hauptbegriff damit vergleicht. Ich      
  13 kann nämlich nicht sagen: einiges Unverwesliche ist ein Geist, weil es einfach      
  14 ist; denn darum, weil etwas einfach ist, ist es nicht sofort ein Geist.      
  15 Ferner so können durch alle mögliche logische Veränderungen die Vordersätze      
  16 nicht so eingerichtet werden, daß der Schlußsatz oder auch nur ein      
  17 anderer Satz, aus welchem derselbe als eine unmittelbare Folge fließt,      
  18 könnte hergeleitet werden, wenn nämlich nach der in allen Figuren einmal      
  19 festgesetzten Regel die Hauptbegriffe ihre Stellen so haben sollen, daß der      
  20 größere Hauptbegriff im Obersatz, der kleinere im Untersatze vorkomme.*)      
  21 Und obgleich, wenn ich die Stellen der Hauptbegriffe gänzlich verändere,      
  22 so daß derjenige der kleinere wird, der vorher der größere war, und umgekehrt,      
  23 ein Schlußsatz, aus dem die gegebene Conclusion fließt, kann gefolgert      
  24 werden, so ist doch alsdann auch eine gänzliche Versetzung der      
  25 Vordersätze nöthig, und der nach der vierten Figur erhaltene so genannte      
  26 Vernunftschluß enthält wohl die Materialien, aber nicht die Form, wornach      
           
    *) Diese Regel gründet sich auf die synthetische Ordnung, nach welcher zuerst das entfernte und dann das nähere Merkmal mit dem Subjecte verglichen wird. Indessen wenn dieselbe gleich als blos willkürlich angesehen würde, so wird sie doch unumgänglich nöthig, so bald man vier Figuren haben will. Denn so bald es einerlei ist, ob ich das Prädicat der Conclusion in den Obersatz oder Untersatz bringe, so ist die erste Figur von der vierten gar nicht unterschieden. Einen dergleichen Fehler findet man in Crusii Logik Seite 600 die Anmerk.      
           
     

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