Kant: AA II, M. Immanuel Kants Entwurf und ... , Seite 012 |
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01 | Mich dünkt, dieses sei mehr als zureichend, den Gedanken zum | ||||||
02 | wenigsten zweifelhaft zu machen: daß bei uns die Westwinde ihre Feuchtigkeit | ||||||
03 | von dem gegen Westen gelegenen Meere entlehnen. Es scheint vielmehr, | ||||||
04 | daß die Westwinde in allen Gegenden der Erde eine Ursache der | ||||||
05 | feuchten Witterung abgeben, ob ich gleich nicht in Abrede sein will: daß | ||||||
06 | die Beschaffenheit der Gegenden, darüber sie streichen, öfters diese Eigenschaft | ||||||
07 | verringern könne; so wie in dem südlichen Theile von Persien geschieht, | ||||||
08 | da die Südwestwinde, welche über die verbrannte Gegenden von | ||||||
09 | Arabien ziehen, dürre und heiße Luft mit sich führen. Die Enge des | ||||||
10 | Raumes hindert mich die Ursache von dieser Eigenschaft der Westwinde | ||||||
11 | zu erklären. Sollten nicht dieselbe, da sie dem allgemeinen und natürlichen | ||||||
12 | Zuge der Luft von Morgen gegen Abend, der in dem vierten CAP. der | ||||||
13 | phys. Geographie erklärt wird, entgegen streichen, eben um deswillen | ||||||
14 | die Dünste zusammen treiben und verdicken, damit die Luft jederzeit erfüllt | ||||||
15 | ist? Zum wenigsten, wenn man die Luft als ein Auflösungsmittel | ||||||
16 | ( menstruum ) der Feuchtigkeit auf der Erde ansieht, so ist es nicht genug | ||||||
17 | sie mit dieser bis zur Sättigung angefüllt anzunehmen, wenn man erklären | ||||||
18 | will, warum sie dieselbe fallen lasse, d. i. warum es regne, sondern | ||||||
19 | man muß eine Ursache anzeigen, die sie niederschlägt (präcipitirt), das ist, | ||||||
20 | die die Luft nöthigt, sie aus ihren Zwischenräumen fahren zu lassen, damit | ||||||
21 | die Dünste sich vereinigen und herabfallen können. | ||||||
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