Kant: AA I, M. Immanuel Kants Fortgesetzte ... , Seite 471 |
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01 | Erdbeben nichts weiter als Wasser fordert, um die stets glimmende Gluth | ||||||
02 | unter der Erde durch ausgespannte Wasserdünste in Bewegung und die | ||||||
03 | Erde in Erschütterung zu bringen; allein wenn er dem Lemerischen Experimente | ||||||
04 | (welches durch eine Mischung vom Schwefel und Feilstaub vermittelst | ||||||
05 | Hinzuthuung des Wassers die Erschütterungen begreiflich machte) | ||||||
06 | die Tauglichkeit dadurch benehmen will, daß er sagt, in der Erde werde | ||||||
07 | kein gediegen Eisen, sondern bloße Eisenerde angetroffen, welche bei diesem | ||||||
08 | Versuch nicht das Begehrte leistet, so gebe ich zu überlegen, ob erstlich | ||||||
09 | nicht die vielfache Ursache der Erhitzung, z. E. die Auswitterung der | ||||||
10 | Schwefelkiese, die Gährungen durch die Dazukunft des Wassers, wie nach | ||||||
11 | einem Regen an der ausgegossenen Lava, imgleichen an dem immerwährenden | ||||||
12 | Erdbrande von Pietra Mala verspürt wird, nachdem sie die tief | ||||||
13 | befindliche Eisenerde zu gekörntem Eisen ausgeschmolzen, oder auch der | ||||||
14 | Magnetstein, der der Natur des gediegenen Eisens so nahe kommt, und | ||||||
15 | der ohne Zweifel allenthalben in der Tiefe reichlich angetroffen wird, zu | ||||||
16 | der Ausübung dieses Experiments im großen nicht hinlängliche Materie | ||||||
17 | liefern können. Die sehr seltsame Bemerkung, die aus der Schweiz berichtet | ||||||
18 | worden, da ein Magnet während des Erdbebens von seiner senkrechten | ||||||
19 | Richtung zusammt dem Faden, an dem er aufgehängt war, einige Grade | ||||||
20 | abwich, scheint die Mitwirkung der magnetischen Materien beim Erdbeben | ||||||
21 | zu bestätigen. | ||||||
22 | Es wäre ein Werk von weitläuftiger Ausführung, alle die Hypothesen, | ||||||
23 | die ein jeder, um sich selbst neue Wege der Untersuchung zu bahnen, | ||||||
24 | aufbringt, und deren eine öfters den Platz der andern wie die Meereswellen | ||||||
25 | einnimmt, anzuführen und zu prüfen. Es giebt auch einen gewissen | ||||||
26 | richtigen Geschmack in der Naturwissenschaft, welcher bald die freie Ausschweifungen | ||||||
27 | einer Neuigkeitsbegierde von den sichern und behutsamen | ||||||
28 | Urtheilen, welche das Zeugniß der Erfahrung und der vernünftigen Glaubwürdigkeit | ||||||
29 | auf ihrer Seite haben, zu unterscheiden weiß. Der Pater Bina | ||||||
30 | und nur kürzlich der Hr. Professor Krüger bringen die Meinung empor, | ||||||
31 | die die Erscheinungen des Erdbebens mit denen von der Elektricität auf | ||||||
32 | gleiche Ursachen setzt. Noch eine größere Kühnheit ist in dem Vorschlage | ||||||
33 | des Hrn. Prof. Hollmanns, der, nachdem er die Nützlichkeit der Luftöffnungen | ||||||
34 | in einem von entzündeten Materien geängstigten Erdreiche | ||||||
35 | durch das Exempel der feuerspeienden Berge erwiesen, ohne welche die | ||||||
36 | Königreiche Neapel und Sicilien nicht mehr sein würden, haben will, daß | ||||||
37 | man die oberste Rinde der Erde bis in die tiefste brennende Klüfte durchgraben | ||||||
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