Kant: AA I, Allgemeine Naturgeschichte und ... , Seite 335 |
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| 01 | erlangte Geschwindigkeit kann angesehen werden, in der nur eine | ||||||
| 02 | gewisse Ursache nöthig gewesen, den senkrechten Fall seitwärts abzubeugen. | ||||||
| 03 | Nach einmal erlangter Bestimmung dieser Bewegungen ist | ||||||
| 04 | nichts ferner nöthig, sie auf immer zu erhalten. Sie bestehen in dem | ||||||
| 05 | leeren Raume durch die Verbindung der einmal eingedrückten schießenden | ||||||
| 06 | Kraft mit der aus den wesentlichen Naturkräften fließenden Attraction | ||||||
| 07 | und leiden weiterhin keine Veränderung. Allein die Analogien in der | ||||||
| 08 | Übereinstimmung dieser Bewegungen bezeigen die Wirklichkeit eines | ||||||
| 09 | mechanischen Ursprunges so deutlich, daß man daran keinen Zweifel | ||||||
| 10 | tragen kann. Denn | ||||||
| 11 | 1. haben diese Bewegungen eine durchgehends übereinstimmende | ||||||
| 12 | Richtung, daß von sechs Hauptplaneten, von 10 Trabanten sowohl in | ||||||
| 13 | ihrer fortrückenden Bewegung, als in ihren Umdrehungen um die Achse | ||||||
| 14 | nicht ein einziger ist, der nach einer andern Seite, als von Abend gegen | ||||||
| 15 | Morgen sich bewegte. Diese Richtungen sind überdem so genau zusammentreffend, | ||||||
| 16 | daß sie nur wenig von einer gemeinschaftlichen Fläche | ||||||
| 17 | abweichen, und diese Fläche, auf welche sich alles bezieht, ist die | ||||||
| 18 | Äquatorsfläche des Körpers, der in dem Mittelpunkte des ganzen | ||||||
| 19 | Systems sich nach eben derselben Gegend um die Achse dreht, und der | ||||||
| 20 | durch seine vorzügliche Attraction der Beziehungspunkt aller Bewegungen | ||||||
| 21 | geworden und folglich an denselben so genau, als möglich hat Theil | ||||||
| 22 | nehmen müssen. Ein Beweis, daß die gesammte Bewegungen auf | ||||||
| 23 | eine den allgemeinen Naturgesetzen gemäße mechanische Art entstanden | ||||||
| 24 | und bestimmt worden, und daß die Ursache, welche entweder die Seitenbewegungen | ||||||
| 25 | eindrückte, oder richtete, den ganzen Raum des Planetengebäudes | ||||||
| 26 | beherrscht hat und darin den Gesetzen gehorcht, welche die in | ||||||
| 27 | einem gemeinschaftlich bewegten Raume befindliche Materie beobachtet, | ||||||
| 28 | daß alle verschiedene Bewegungen zuletzt eine einzige Richtung annehmen | ||||||
| 29 | und sich insgesammt so genau, als möglich auf eine einzige | ||||||
| 30 | Fläche beziehend machen. | ||||||
| 31 | 2. sind die Geschwindigkeiten so beschaffen, als sie es in einem | ||||||
| 32 | Raume sein müssen, da die bewegende Kraft in dem Mittelpunkte ist, | ||||||
| 33 | nämlich sie nehmen in beständigen Graden mit den Entfernungen von | ||||||
| 34 | diesem ab und verlieren sich in der größten Weite in eine gänzliche | ||||||
| 35 | Mattigkeit der Bewegung, welche den senkrechten Fall nur sehr wenig | ||||||
| 36 | seitwärts beugt. Vom Mercur an, welcher die größte Schwungskraft | ||||||
| 37 | hat, sieht man diese stufenweise sich vermindern und in dem äußersten | ||||||
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