Kant: AA I, Gedanken von der wahren ... , Seite 161 |
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| 01 | diese Hinderniß verzehrt, nur wie 2, d.i. 1/2 vom ganzen, folglich | ||||||
| 02 | kleiner als im vorigen Falle. Auf gleiche Weise wenn der Grad, dem | ||||||
| 03 | die Hinderniß auf einmal widerstrebt, 1/8 von der ganzen Geschwindigkeit | ||||||
| 04 | ist, so verschwendet der Körper 7/8 von der ganzen Kraft, davon die | ||||||
| 05 | Ursache nicht in der Hinderniß zu suchen ist, und so ins unendliche. | ||||||
| 06 | 3. Wenn der Grad Geschwindigkeit, dem die Hinderniß sich in | ||||||
| 07 | jedem Augenblick entgegensetzt, nur unendlich klein ist: so ist alsdann | ||||||
| 08 | gar keine Spur einer lebendigen Kraft mehr in den überwältigten | ||||||
| 09 | Hindernissen zu finden, sondern weil alsdann jeder einzelne Grad nur | ||||||
| 10 | in Proportion seiner schlechthin genommenen Geschwindigkeit wirkt, und | ||||||
| 11 | die Summe aller Grade der ganzen Geschwindigkeit gleich ist, so ist | ||||||
| 12 | die ganze Wirkung der Kraft des Körpers, ob sie gleich lebendig ist, | ||||||
| 13 | doch nur der schlechten Geschwindigkeit proportionirt, und die ganze | ||||||
| 14 | Größe der lebendigen Kraft verschwindet von selber völlig, ohne eine | ||||||
| 15 | ihr gemäße Wirkung auszuüben; nämlich da sie eigentlich wie eine | ||||||
| 16 | Fläche ist, die aus dem Flusse derjenigen Linie, die die Geschwindigkeit | ||||||
| 17 | vorstellt, erzeugt worden, so verschwinden alle Elemente dieser zweiten | ||||||
| 18 | Abmessung nach und nach von selber, und es thut sich in der Wirkung | ||||||
| 19 | keine andere Spur einer Kraft hervor, als die nur der erzeugenden | ||||||
| 20 | Linie, d. i. der Geschwindigkeit schlechthin, proportionirt ist. | ||||||
| 21 | 4. Also findet sich nirgends eine Spur einer lebendigen Kraft in | ||||||
| 22 | den verübten Wirkungen, oder überwältigten Hindernissen, wenn gleich | ||||||
| 23 | der Körper wirklich eine lebendige Kraft hat, als nur da, wo das | ||||||
| 24 | Moment der Geschwindigkeit, womit die Hinderniß widerstrebt, von | ||||||
| 25 | endlicher Größe ist; aber auch alsdann doch nicht ohne diese wichtige | ||||||
| 26 | Bedingung, nämlich daß auch diese Größe der Geschwindigkeit nicht | ||||||
| 27 | so klein sein mag, als sie wolle, denn wir wissen aus dem 132. §, | ||||||
| 28 | daß eine gewisse Quantität derselben erfordert werde, damit der Körper, | ||||||
| 29 | der sich mit derselben bewegt, eine lebendige Kraft haben könne, und, | ||||||
| 30 | wenn das Moment der Widerstrebung der Hinderniß nach Maßgebung | ||||||
| 31 | derselben zu klein ist, in derselben auch keine Wirkung der lebendigen | ||||||
| 32 | Kraft könne verspürt werden. | ||||||
| 33 | Den höchsterheblichen Nutzen dieser Anmerkung werden wir insonderheit | ||||||
| 34 | gegen das Ende dieses Hauptstückes vernehmen, woselbst sie | ||||||
| 35 | dienen wird, die vornehmste Erfahrung, die die lebendigen Kräfte beweiset, | ||||||
| 36 | recht zu erleuchten und bewährt zu machen. | ||||||
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