Kant: Briefwechsel, Brief 325, Von Friedrich Gottlob Born. |
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Von Friedrich Gottlob Born. | |||||||
9. Mai 1788. | |||||||
Magnifice und Wohlgebohrner, | |||||||
Hochgeehrtester Herr Professor! | |||||||
Herr Hartknoch wird Ihnen einige hiesige akademische Ausgeburten, | |||||||
welche die einfältigsten Anfälle auf Ihr philosophisches System enthalten, | |||||||
anbey einhändigen. Es ist in der That eine Schande für die | |||||||
hiesige Universität, daß so elende Früchte auf unserm Grund und | |||||||
Boden, der izt ganz ein Eigenthum seichter Schwätzer ist, erzeugt | |||||||
werden können. In der That hat auch das Verderben unter den hiesigen | |||||||
Studenten so überhand genommen, daß sich blut wenige finden, | |||||||
welche an dem ernsthaften Studium der Mathematik und kritischen | |||||||
Philosophie Geschmack gewonnen. Auch wird Ihnen Herr Hartknoch | |||||||
mein Schriftchen de scientia etc. liefern. Ich bitte ia, wenn Sie es | |||||||
gelegentlich lesen können, daß Sie mir gütigst Ihr strenges Urtheil | |||||||
darüber eröffnen. - Diese Meße sind wieder zween neue Gegner | |||||||
gegen Sie aufgetreten. Der eine ist ein gewisser Fauth, wie man | |||||||
mir gesagt hat, in Tübingen, welcher hier bey Crusius Etwas über | |||||||
die Causalität in Verlag gegeben hat: Der andere ist ein gewisser | |||||||
Dr. Mahs in Halle, der, glaub ich, die ästhetischen Begriffe bestritten | |||||||
hat. Ich habe aber zur Zeit, aus Mangel der Muße, noch keines | |||||||
von beyden ansehen können. Indeß fehlt es auch nicht an denen, | |||||||
welche die gute Sache in Schutz zu nehmen und zu befördern suchen. | |||||||
So hat zB. Herr Prof. Wille in Altdorf Erläuterungen über die | |||||||
Kritik der reinen Vernunft bekannt gemacht. Ich habe sie aber auch | |||||||
noch nicht gesehen. Vermuthlich werden sie Ihnen bereits zugekommen | |||||||
seyn. - Ich habe nicht nur die Uebersetzung der Kritick der speculativen | |||||||
Vernunft zu Stande gebracht; ich habe auch einen guten Theil von | |||||||
der Grundlegung zur Metaphysik der Sitten übersezt. Ich förderte | |||||||
mich um desto emsiger, da mich am Ende vorigen Iahres Herr Hartknoch | |||||||
an die Vollendung dieser Arbeit erinnerte. Da ich also alles | |||||||
übrige währender Zeit bey Seite gesezt und meine Zeit und Kraft | |||||||
blos auf die Uebersetzung gewendet, so habe ich natürlich nichts verdienen, | |||||||
und, was ich brauchte, aus anderweitigen Qvellen erhalten | |||||||
können. Ich mußte daher Herrn Hartknoch um einen Vorschuß von | |||||||
130 rtlr. die ich zubezahlen habe, ersuchen. Allein ich erhielt zu zweyenmalen | |||||||
abschlägige Antwort. Weil ich für ein sehr geringes Geld, den | |||||||
Bogen zu 3 rtlr. zu arbeiten versprochen, da ich hiesigen Orts gern ein | |||||||
honorarium von 5 rtlr. erhalten haben würde; so ist mir dieser Umstand | |||||||
um soviel unangenehmer: und ich werde mich sehr bedencken | |||||||
ihm den Zweyten Band den Bogen unter 5 rtlr. zu bearbeiten. Wie | |||||||
ich mich nun aus obigen Gründen hierdurch in keiner geringen Verlegenheit | |||||||
versezt finde, so würde mir es höchst angenehm seyn, wenn | |||||||
Ew. Magnifiz Herrn Hartknoch zu einer Anweisung an seinen hiesigen | |||||||
Commissair, Herrn Hertel, vermögen könnten und wollten; der ich für | |||||||
diese Gewogenheit mit dem verbindlichsten Danck lebenslang verharre | |||||||
Ew. Magnificenz und Wohlgeb. | |||||||
Meines Hochgeehrtesten Herrn Professors | |||||||
Leipzig | ganz gehorsamster Diener | ||||||
am 9 May | Friedrich Gottlob Born. | ||||||
1788. | |||||||
[ abgedruckt in : AA X, Seite 535 ] [ Brief 324 ] [ Brief 326 ] [ Gesamtverzeichnis des Briefwechsels ] |